Deutscher Bundestag: Redebeitrag von Olav Gutting (CDU/CSU) am 25. Februar 2010

Thema: Boni-Steuer für die Finanzbranche (Linke)

 

 

Aus dem Protokoll: Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Letzte Woche hat die Linksfraktion die Einführung der Tobin-Steuer bzw. Börsenumsatzsteuer gefordert, davor eine Bankensonderabgabe à la Obama, dazwischen oder davor – ich weiß es schon gar nicht mehr so genau – Enteignung der Banken und Überführung der Kreditinstitute in das Eigentum der öffentlichen Hand. Jetzt fordert sie eine Bonisondersteuer. Was wollen Sie denn nun?
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Alles! – Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Und eine Mauer drum herum!)

Wir sind uns einig: Wir müssen die Institute, die für diese Krise hauptverantwortlich sind, an den Kosten der Krise angemessen beteiligen. Das sind wir den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern schuldig. Was noch viel wichtiger ist: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass eine solche Krise, wie wir sie in den letzten zwei Jahren erlebt haben, nicht mehr entstehen kann. Wir haben bereits gehandelt. Unter anderem haben wir einen Selbstbehalt bei D&O-Versicherungen eingeführt. Variable Vergütungsbestandteile müssen zukünftig eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben. Wir haben dafür gesorgt, dass Aktienoptionen frühestens nach vier Jahren ausgeübt werden können. Der Aufsichtsrat muss nun für unangemessene Vergütung des Vorstandes haften. Auch bei Verbriefungen bleibt nun ein Selbstbehalt. Die Vorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht für eine höhere Eigenkapitalunterlegung gelten. Demnächst werden wir dafür sorgen, dass die BaFin in die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile eingreifen und diese sogar untersagen kann. Wir sorgen damit für Vergütungssysteme, die angemessen sind, die transparent sind und die vor allem auf eine nachhaltige Entwicklung des jeweiligen Unternehmens ausgerichtet sind. Ich möchte Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass die allermeisten Institute in Deutschland bereits reagiert haben. Der Anteil der Bar-Boni, auf die Sie zuzugreifen beabsichtigen, an der variablen Vergütung ist längst auf einen Bruchteil zurückgegangen. Die Boni werden heute in der Regel auf Sperrkonten eingezahlt, auf die erst nach zwei, drei, vier Jahren zugegriffen werden kann und auch nur dann, wenn eine nachhaltige positive Entwicklung des Unternehmens erkennbar ist. Das ist nicht nur der richtige Weg, das ist bereits die Realität; das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Vor diesem Hintergrund muss man sich die Frage stellen, was Sie mit Ihrem Antrag bezwecken wollen. Welche Zielrichtung verfolgen Sie, wo ist bei der Besteuerung der Boni der Lenkungszweck? Das Problem falscher Anreizimpulse wird mit einer solchen Sonderbesteuerung jedenfalls nicht gelöst. Sie wollen diese Boni bereits bei den Unternehmen besteuern. Die Praxis in Großbritannien zeigt – Sie haben es selbst eingeräumt –,dass die Unternehmen die Boni weiter bezahlen, nur dass es sie nun das Doppelte kostet. Diese Besteuerung hat also letztendlich keinen greifbaren Lenkungseffekt dahin gehend, (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Doch!) dass die Anreize, die wir als mitverantwortlich für die Krise erkannt haben, in irgendeiner Form eingedämmt würden. Außerdem ist da die Frage der rechtlichen Zulässigkeit. Zum einen ist der Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Grundgesetz zu beachten. Eine Sondersteuer für die Boni von Bankmanagern wäre nur bei einer sachgerechten Begründung im Hinblick auf den Lenkungszweck mit dem Grundgesetz vereinbar. Worin soll dieser Lenkungszweck bestehen? Wir sehen an dem Beispiel Großbritannien doch, dass es quasi keinen Lenkungseffekt gibt. Zudem soll die ganze Sache auf vier Monate begrenzt sein. Ein Lenkungseffekt ist deswegen nicht erkennbar, und er wäre in Deutschland auch nicht vonnöten, weil die notwendige Lenkung bereits durch die vorhin genannten Maßnahmen der Bundesregierung gewährleistet ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)

Was ist zum anderen mit dem Übermaßverbot nach Art. 14 Grundgesetz? Zuerst wollen Sie 50 Prozent bei der Bank abschöpfen, und danach wollen Sie noch einmal abschöpfen, und zwar bei dem betroffenen Mitarbeiter, der einen Grenzsteuersatz von 51 Prozent – inklusive der Kirchensteuer – hat. Jetzt kommen wir einmal zu dem Gutachten vom Wissenschaftlichen Dienst, das Sie vorhin angesprochen haben. Sie haben es offensichtlich nicht gelesen; denn in dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes steht, dass genau diese Besteuerung mit zweimal circa 50 Prozent eine unzulässige Doppelbesteuerung ist. Vor diesem Hintergrund muss man sich jetzt fragen: Was soll diese Bonibesteuerung? Auch hier hilft ein Blick nach Großbritannien; denn dadurch wird einiges erklärt. In Großbritannien gibt es diese Strafsteuer befristet auf vier Monate. Wenn jetzt irgendjemand auf die Idee kommt, einen Zusammenhang zwischen diesem kurzfristigen Aktionismus und damit zu sehen, dass in Großbritannien in drei Monaten Parlamentswahlen stattfinden, dass dieser Aktionismus also nur etwas mit Populismus zu tun hat, dann liegt er richtig.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Deshalb haben wir gesagt: Zwei Jahre!)

Das Ergebnis ist: Durch die Bonibesteuerung mögen Neidkomplexe möglicherweise kurzfristig befriedigt werden, in der Sache bringt sie uns jedenfalls nicht weiter. Deswegen gehen wir diesen Weg nicht mit.