Mit wem?

Olav Gutting MdB veröffentlicht Mitgliederbrief des CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz (#MerzMail 187)

Liebe Leserin, lieber Leser, die Ampelregierung hat seit mehr als einem Jahr keine Mehrheit mehr in der Bevölkerung. Dies dürfte angesichts der Zerstrittenheit und der persönlichen Zerwürfnisse innerhalb der Regierungskoalition auch so bleiben, selbst wenn es im Sommer einen Wechsel im Amt des Bundeskanzlers geben sollte. Weitgehend unstreitig im öffentlichen Meinungsbild ist dagegen die Annahme, dass die Union aus CDU und CSU die nächste Bundesregierung anführen dürfte. Nur: Mit wem dann zusammen in einer möglichen Koalition?

Diese Frage bewegt die Wählerinnen und Wähler, und die Umfragewerte der Union werden überschattet von der Annahme, dass möglicherweise die SPD oder die Grünen dann doch wieder in der Regierung sitzen. Diese Aussicht beeinträchtigt auch die Zustimmung zur Union. „Das geht dann ja doch alles so weiter!“ – so hört man es oft in diesen ersten Wochen des neuen Jahres.

Nun, richtig ist vermutlich die Annahme, dass die Union im nächsten Bundestag die stärkste Fraktion sein könnte und dass sie damit auch den Auftrag zur Regierungsbildung erhielte. Richtig ist aber vermutlich auch die Annahme, dass es für die Union allein nicht reichen könnte, also ein Koalitionspartner gebraucht würde. Nur: Wer könnte oder wer sollte das denn dann sein?

Zwei Leitplanken zur Beantwortung dieser Frage gibt es: Die AfD wird es sicher nicht sein, sie steht als rechtsradikale Partei außerhalb jedes denkbaren Spektrums für uns. Also bleiben SPD, Grüne und FDP. Mit der FDP ließe sich eine bürgerliche Koalition am ehesten verwirklichen, fraglich ist aber, ob sie als Partei überlebt. Wenn sie bis zum bitteren Ende in der gegenwärtigen Koalition bleibt, werden wir um ihre früheren und bis dahin noch verbliebenen, restlichen Wählerinnen und Wähler kämpfen. Jede Stimme an die FDP wäre dann eine verschenkte und verlorene Stimme für einen Politikwechsel in Deutschland. Löst sie sich früh genug und glaubwürdig aus der Umklammerung der Ampel, müsste sie ordentlich zulegen, um mit uns zusammen die Mehrheit der Mandate im Deutschen Bundestag zu erreichen. Das Potential dafür ist ohne Zweifel vorhanden, es gibt in Deutschland strukturell keine linke Mehrheit. Die FDP müsste dann aber auch zurückkehren zu ihren liberalen und marktwirtschaftlichen Grundüberzeugungen, eine ausgesprochen linke Gesellschaftspolitik würde ihr Potential eher wieder begrenzen. Die FDP muss sich also in mehrfacher Hinsicht entscheiden.

Gelingt es nicht, eine Mehrheit von CDU/CSU und FDP zu erreichen, bleiben SPD und Grüne. Keine besonders verlockende Aussicht, aber eine regierungsfähige Mehrheit muss es geben. Die Union müsste – so, wie gegenwärtig in den Umfragen – bei der Wahl so gut abschneiden, dass nur ein Koalitionspartner benötigt wird, auf keinen Fall zwei. Wenn die FDP die Wahl überlebt, sind FDP und Grüne zusammen genauso wenig verlockend wie jede andere Kombination. Einer muss reichen, am besten mit Auswahl zwischen mehreren. Das erscheint aus heutiger Sicht einigermaßen realistisch.

Und an dieser Stelle kommen die Erfahrungen ins Spiel, die die CDU nach den letzten Landtagswahlen in Hessen gemacht hat. Sie hatte mit Boris Rhein ein so gutes Wahlergebnis erzielt, dass sie im Größenverhältnis 2 : 1 jeweils mit SPD und Grünen Gespräche führen, schließlich mit der SPD Koalitionsverhandlungen abschließen konnte. Hätte die hessische CDU – so, wie von vielen Mitgliedern und Wählern verlangt – eine Koalition mit den Grünen von vorneherein ausgeschlossen, wäre dieses Ausloten um den besten Erfolg im Sinne der CDU nicht möglich gewesen, die SPD wäre viel selbstbewusster aufgetreten. Auch eine Koalition darf nicht alternativlos werden. Der Koalitionsvertrag in Hessen trägt somit die Handschrift der CDU, auch die Besetzung der Ressorts in Hessen zeigt, wer in der Regierung die wichtigsten Aufgaben wahrnimmt.

Entscheidend werden für die kommende Bundestagswahl daher zwei Dinge sein: Die Union muss die mit Abstand stärkste Kraft in Deutschland werden, am besten im Verhältnis 2 : 1 zu SPD und Grünen, mindestens doppelt so viel im Verhältnis zur FDP. Das können wir schaffen. Und vor allem: Es muss mit dieser Bundestagswahl ein Politikwechsel in Deutschland möglich werden: In der Außen- und Sicherheitspolitik ebenso wie in der Energie- und Klimapolitik, in der Wirtschaftspolitik ebenso wie in der Arbeitsmarkt- und in der Sozialpolitik.

Wer meint, mit der Wahl der AfD oder einer anderen rechts- oder linkspopulistischen Partei ein besonders starkes Zeichen in diese Richtung setzen zu wollen, dem werden wir sagen: Jede Stimme für eine dieser Parteien macht einen wirklichen Politikwechsel in Deutschland schwerer und nicht etwa leichter. Nur die Wahl der CDU und der CSU ermöglicht die grundlegende Korrektur einer Politik, die Deutschland immer weiter ins Abseits manövriert. Je früher dieser Politikwechsel gelingt, desto besser für unser Land. Mit den Radikalen von rechts und links ist kein Staat zu machen.

Liebe Leserin, lieber Leser, Umfragen sind natürlich keine Wahlergebnisse. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden, wer unser Land regiert. Wir von der CDU werden weiterhin mit guter Sachpolitik für Deutschland um Ihr Vertrauen kämpfen. Dann wird ein Wechsel für eine bessere Politik gelingen.