Rede von Olav Gutting MdB im Deutschen Bundestag: Progressionsvorbehalt stellt die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sicher

Folgend finden interessierte Leserinnen und Leser die gestrige Rede von Olav Gutting MdB im Deutschen Bundestag zum Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld.

Olav Gutting MdB

Olav Gutting (CDU/CSU): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen den Menschen in dieser Krise Antworten darauf geben, wie wir unser Land aus dem Tal herausführen. Hierfür war die Ausweitung und die Verlängerung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes ganz unbestritten eine richtige Maßnahme. (Beifall des Abg. Paul Lehrieder (CDU/CSU)) Was wir nicht brauchen, sind solche Anträge wie der vorliegende von der Linkspartei, (Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Doch!) mit denen populistische Ziele verfolgt werden.

Das wird auch dadurch nicht besser, dass Sie diesen Antrag nun schon zum zweiten Mal stellen. Die Linke will die Abschaffung des Progressionsvorbehaltes für Kurzarbeitergeld. Damit will sie anerkannte steuerrechtliche Grundsätze aushebeln; (Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Die sind denen nicht bekannt! Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Die kennen sie nicht!) denn durch den Progressionsvorbehalt wird ja die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sichergestellt. Hier verstehe ich Sie nun wirklich nicht. Ich dachte immer, die Linken seien gerade diesem Prinzip verbunden. Wer mehr verdient und mehr erhält, der muss höhere Steuern zahlen als derjenige, der weniger hat. (Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): So, wie es denen passt!)

Vor diesem Hintergrund ist die Forderung, die Sie hier stellen, schon etwas verwunderlich. Tatsache ist doch, dass Lohnersatzleistungen und damit auch das Kurzarbeitergeld steuerfrei sind. Sie werden lediglich zur Berechnung des individuellen Steuersatzes herangezogen. Wenn wir nun bestimmte steuerfreie Einkünfte beim progressiven Verlauf des Einkommensteuertarifs außer Ansatz lassen würden, dann würde dies nicht nur bedeuten, dass für diese Einkünfte ein Steuerausfall zu verzeichnen ist, sondern auch, dass ein niedrigerer Steuersatz für die übrigen Einkünfte angewendet wird. Ich hatte Sie eigentlich immer so verstanden, dass die Linken keine Steuersenkungen wollen. Sie wettern ja auch immer gegen unsere Pläne, gerade die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen zu entlasten.

Wenn ich die Worte Ihres Parteivorsitzenden richtig in Erinnerung habe, dann hat er sinngemäß gesagt: Diese Steuersenkungen der christlich-liberalen Koalition dürfen nicht sein; denn dadurch werden die Kommunen in die Pleite getrieben. Aber nichts anderes als eine Steuersenkung mit einer gewissen Unwucht propagieren Sie jetzt, und zwar völlig inkonsequent. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Warum sollte der Progressionsvorbehalt nur für das Kurzarbeitergeld aufgehoben werden? Diese Frage wurde bereits gestellt. Was ist mit den anderen zahlreichen Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld und Insolvenzgeld? (Zuruf von der LINKEN: Hotelübernachtungen!) Ein kompliziertes Einkommensteuersystem mit einer Vielzahl von Ausnahmen und wiederum Ausnahmen von diesen Ausnahmen haben wir schon. Wir brauchten konstruktive Vorschläge zu einer Reform der Einkommensteuer anstelle solcher Anträge. Uns in der Union geht es in allererster Linie um ein einfacheres und schon deswegen gerechteres Steuersystem. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ihr Antrag, den wir heute debattieren, ist aber in keiner Weise für eine Vereinfachung geeignet. (Zuruf von der LINKEN: Doch!) Grundsätzlich muss gelten, dass sich die Einkommensteuer nach der individuellen Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerzahlers richtet. Dazu gehört in diesem System zwingend der Progressionsvorbehalt. Wir wollen eine Reform der Einkommensteuer, durch die neben der Vereinfachung gerade die Steuerzahler mit mittleren und niedrigen Einkommen entlastet werden. (Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Und vor allem die Reichen!) Das sind doch all die Menschen, die morgens aufstehen, zur Arbeit gehen und hart für ihre Brötchen arbeiten. Sie zu entlasten, das sind wir ihnen schuldig. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn wir mehr Wachstum wollen, dann müssen wir unser Steuerrecht leistungsgerechter gestalten und dürfen gerade nicht, wie in Ihrem Antrag geschehen, die Leistungsfähigkeit ausblenden. Erste Schritte in die richtige Richtung haben wir in dieser Koalition schon gemacht. Das Bürgerentlastungsgesetz, die Absenkung des Eingangssteuersatzes, die Anhebung des Grundfreibetrages, die Rechtsverschiebung des Tarifs und das Wachstumsbeschleunigungsgesetz zusammen entlasten die Menschen in diesem Land seit dem 1. Januar um knapp 22 Milliarden Euro. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Abschließend will ich als Fazit festhalten: Unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist im Einkommensteuerrecht der Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld nur folgerichtig und deswegen beizubehalten. Ergo werden wir Ihren Antrag ablehnen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Foto: Markus Hammes / CDU/CSU-Bundestagsfraktion.