Rede von Olav Gutting MdB am 6. Mai 2010 im Bundestag: Vereinfachung des Einkommensteuerrechts dringend notwendig

Rede zur Steuerschätzung / Aktuelle Stunde auf Verlangen der SPD / Konsequenzen aus dem Ergebnis der Steuerschätzung für die Steuersenkungspläne der CDU/CSU-FDP-Koalition

Folgende Rede hielt Olav Gutting MdB am 6. Mai 2010 im Deutschen Bundestag: Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, lieber Carsten Schneider: Der Haushaltsentwurf des SPD-Finanzministers für 2010 wies meines Wissens 87 Milliarden Euro Schulden auf. Bereits in der letzten Sitzungswoche haben wir an dieser Stelle auf Antrag der SPD über die Finanzierbarkeit der FDP-Steuerpläne debattiert. Bereits in der letzten Woche habe ich hier hinsichtlich des Einkommensteuerrechts festgestellt, dass das System gerade bei den niedrigeren und mittleren Einkommen offensichtlich eine Unwucht enthält.

In der letzten Woche konnte ich hier auch feststellen, dass die Schuldenbremse und das Ziel eines konsolidierten Haushalts keineswegs eine Rechtfertigung dafür sind, dass wir in den steuerpolitischen Stillstand übergehen. Daran hat sich seit letzter Woche nichts geändert, auch nicht durch die Steuerschätzung, die seit knapp anderthalb Stunden vorliegt. Ganz im Gegenteil: Wenn wir unseren Haushalt nachhaltig konsolidieren wollen, dann brauchen wir wachstumsfördernde Anreize. Zu diesen wachstumsfördernden Anreizen gehört untrennbar ein leistungsgerechtes Steuersystem. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Mit dem von der SPD propagierten steuerpolitischen Stillstand erreichen wir jedenfalls gar nichts. Politik muss doch auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel immer handlungsfähig sein. Wir müssen einen Spielraum für Konsum und für Investitionen der Menschen schaffen. Dass wir das können, haben wir in der Großen Koalition zusammen mit der SPD immer wieder bewiesen. Wir haben zusammen mit der SPD noch im letzten Jahr, vor wenigen Monaten, Maßnahmenpakete (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Bürgerentlastungsgesetz hieß das!) für Investitionen der privaten Haushalte und der Kommunen mit einem Gesamtvolumen von 50 Milliarden Euro beschlossen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben mit dem Konjunkturpaket II noch vor wenigen Monaten mit Ihnen zusammen den Eingangssteuersatz gesenkt, haben die Freibeträge erhöht und einen Kinderbonus ausbezahlt. Zusätzlich bringt das Bürgerentlastungsgesetz 10 Milliarden Euro Entlastung für die Menschen in diesem Land. All diese Maßnahmen haben dafür gesorgt, dass die Bürger in diesem Land wieder mehr Geld in der Tasche haben und die Konjunktur angekurbelt wird. All diese Maßnahmen wurden mit Ihnen zusammen beschlossen, all diese Maßnahmen haben Sie noch vor wenigen Monaten als notwendig und alternativlos mitgetragen. Damals haben Sie noch erkannt, dass steuerliche Anreize notwendig sind, um trotz der schwierigen Haushaltslage aus dieser Krise gestärkt herauszukommen. Was ist heute, nachdem die Große Koalition erst wenige Monate vorbei ist, daran falsch? Ihre 180-Grad-Kehrtwende hin zum steuerpolitischen Stillstand kann vor diesem Hintergrund niemand verstehen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wo bleiben denn Ihre Konzepte? (Bettina Hagedorn [SPD]: Wir haben welche! Wo bleiben denn Ihre? Sie regieren doch!) Mit welchen Ideen wollen Sie denn das Wachstum in diesem Land ankurbeln? Wir jedenfalls sind der Überzeugung, dass wir den Menschen, den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land, mehr Netto vom Brutto lassen müssen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wir sind uns in der Regierungskoalition einig, dass die Glättung des Einkommensteuertarifs, der Ausstieg aus der kalten Progression und die Vereinfachung gerade des Einkommensteuerrechts dringend notwendig sind. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Bettina Hagedorn [SPD]: Wo sind Ihre Gesetzesinitiativen dazu?) Dass dies alles in Zeiten knapper Kassen eine Herausforderung bedeutet, ist unbestritten. Ein solides Konzept und Schnellschüsse schließen sich gerade vor diesem Hintergrund aus. Wir brauchen Zeit. Eine Steuerentlastung gehört in ein haushaltspolitisches Gesamtkonzept, (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr braucht ein bisschen viel Zeit! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bisher gibt es das noch nicht! Das stimmt! Sehr unseriös bisher!) und dies lässt sich jetzt, nachdem die Zahlen der Steuerschätzung vorliegen, fundiert entwickeln. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Im Übrigen – wenn ich das noch ergänzen darf – zeigen die Zahlen, die jetzt seit knapp zwei Stunden vorliegen, dass sich die Einnahmen stabilisieren. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist das!) Aber bereits zwei Stunden später ein durchgerechnetes Konzept zu fordern bzw. nach Bekanntgabe dieser Zahlen auf den steuerpolitischen Stillstand umzuschalten, ist absurd, und es zeigt vor allem eines: Sie in der SPD haben sich von dem Anspruch, dieses Land zu regieren, dieses Land zu gestalten, verabschiedet. Sie machen nur noch eines – das zeigt auch diese Aktuelle Stunde –: Sie machen auf billige Polemik. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war die Rede von letzter Woche! Was ist mit dieser Woche?)