Olav Gutting MdB: Der Verbraucher ist gefordert

Rede im Deutschen Bundestag zur Kritik der Bundesbank an überhöhten Kreditzinsen der BankenFrau Präsidentin!

Werte Kolleginnen und Kollegen!
Die Europäische Zentralbank hat im Zuge der Finanzkrise seit Oktober 2008 die Zinsen um insgesamt 325 Basispunkte gesenkt – ein richtiger Schritt. Nun muss auch dafür gesorgt werden, dass der Wirtschaft, dem Mittelstand, aber auch den Verbrauchern weiterhin genügend Kapital für Investitionen zur Verfügung steht. Es wäre deshalb wünschenswert, wenn alle Kreditinstitute die Leitzinssenkungen schnellstmöglich an die Verbraucher und die Wirtschaft weiterreichen würden.

(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, insoweit sind wir uns hier im Hause alle einig.
Warum wird diese Zinssenkung von den Instituten nun nicht eins zu eins weitergegeben? Es gibt zwar Auswirkungen auf den Markt; sie sind aber gering, weil die Zinssenkungen der EZB nur bei denjenigen Banken wirken, bei denen das Kreditgeschäft durch Refinanzierungsmittel bei der EZB finanziert ist. Das zeigt sich vor allem bei den Volksbanken, den Raiffeisenbanken und den Sparkassen. Sie finanzieren ihre Kreditmittel oftmals nicht bei der EZB, sondern überwiegend am Markt, und die Mittel auf dem Markt sind wiederum größtenteils Kundeneinlagen. Diese Kundeneinlagen sind mit unterschiedlichen Fristigkeiten versehen, auf die sich eine Zinssenkung frühestens bei der Fälligkeit auswirken kann. Hinzu kommt, dass die flüssigen Mittel zum Beispiel bei den Volksbanken, die diese mit kurzen Laufzeiten bei ihrer Zentralbank angelegt haben, durch die Zinssenkungen ebenfalls sofort weniger Erträge erzielen.
Das heißt, bei sinkenden Zinsen bekommen die Banken für ihre eigenen Einlagen bei anderen Instituten auch weniger Zinsen. Deshalb ist es unredlich, wenn wir jetzt alle Banken pauschal beschimpfen und ihnen vorwerfen, dass sie die Zinssenkung nicht eins zu eins weitergeben.
Wir müssen schon genauer hinsehen. Entscheidend ist dabei immer auch die Bilanzstruktur des jeweiligen Geldhauses. Wenn ein Großteil der Einlagen von Kunden wegen vereinbarter Fristigkeiten sozusagen gar nicht an den aktuellen Märkten hängt, dann verbilligen sich die Refi-Mittel durch die Senkung des Hauptrefinanzierungssatzes so gut wie gar nicht oder eben nur mit einer entsprechenden zeitlichen Verzögerung. Vor diesem Hintergrund würde eine erzwungene Weitergabe der Zinssenkung nicht nur die Ertragslage vieler Banken erheblich beeinträchtigen, sondern diese Banken nahezu in den Ruin treiben. Das können wir nicht wollen.
Bei der Anpassung der variablen Zinsen bei Darlehen und Kontokorrentkrediten sind immer die Bilanzstruktur und damit auch die Entwicklung der Refinanzierungskosten der Bank über alle Produkte hinweg maßgeblich. Sicherlich: Es gibt Institute in diesem Land, die die Zinssenkungen der EZB nicht in dem Umfang weitergeben, wie sie es eigentlich könnten, weil es ihre Bilanzstruktur zuließe. Diese Institute versuchen, aus der Situation Profit zu schlagen. Ich glaube, das ist nur vorübergehend möglich; denn wer in diesem Bereich die Schraube überdreht, wird früher oder später vom Markt abgestraft.
Im Übrigen ist es doch so: Die Kunden haben die Möglichkeit, von dem aktuell günstigen Zinsniveau bei Konsumenten- und Wohnungsbaukrediten mit fester Zinsvereinbarung zu profitieren. Wer seinen Dispositionskredit langfristig in Anspruch nimmt, kann seine Zinsbelastung über eine Umschuldung in einen Konsumentenkredit merklich senken. Aber hier ist der Verbraucher gefordert, sich zu informieren und den Wettbewerb unter den Instituten zu seinen Gunsten zu nutzen. Nun mag es in Krisenzeiten, wie wir sie haben, schmerzen, aber wir sollten es bei diesem Thema wirklich dabei belassen, an die Banken zu appellieren; denn die schwarzen Schafe, die es in diesem Bereich gibt, wird der Wettbewerb früher oder später vom Markt drängen.
Dass dieser Wettbewerb funktioniert, zeigt sich auch auf der anderen Seite: bei den Guthabenzinsen. Auch die Zinssätze bei den Tagesgeldkonten sind nicht im gleichen Umfang zurückgegangen, wie der Leitzins gesunken ist. Deshalb kann man abschließend sagen: Weniger Aufregung und mehr Aufklärung würden dieser Debatte sehr guttun.
(Beifall bei der CDU/CSU)