Olav Gutting MdB: Rede zum Jahressteuergesetz 2007: Das deutsche Steuerrecht muss entrümpelt werden!

















In der heutigen Debatte über das Jahressteuergesetz 2007 führte Olav Gutting u.a. folgendes aus: Beim Jahressteuergesetz 2007 sprechen wir von einem Omnibusgesetz mit insgesamt über 200 Änderungen. Dabei werden fast alle zentralen Steuergesetze berührt. Omnibus heißt ja auch Lateinisch = für alle, und so ist auch für jeden etwas dabei. Omnibus ist auch nicht negativ zu sehen, es handelt sich schließlich zumindest dort, wo keine Schienen sind, auch um ein ökologisch sinnvolles Transportmittel.

Überwiegend sind die Änderungen klarstellend oder redaktionell. Manch einer hält diese Änderungen und Anpassungen für eine Verkomplizierung unseres Steuerrechts.

Dem ist aber nicht so. Die Anpassung von Gesetzen an die Realität ist schlicht notwendig. Die Welt dreht sich schließlich weiter und so werden auch Korrekturen, Klarstellungen und Änderungen an den Gesetzen notwendig.

Dass die vielen kleinen Änderungen im Gesetzesentwurf schwer zu lesen sind, gebe ich gerne zu. Das ist aber bei Gesetzesänderungen im Steuerrecht meistens der Fall.

Wer aber nun aus Frust über die Komplexität des Gesetzes und die viele Arbeit, die wir damit bei den Beratungen hatten, die notwendigen Änderungen als hektische Nachbesserungsversuche geißelt, handelt populistisch und verkennt die Realität.

Der Gesetzesentwurf hat sich während den Beratungen in einigen zentralen Bereichen gegenüber der Ursprungsfassung verändert.

So wurde zum Beispiel der § 5 Abs. 4 Lohnsteuerdurchführungsverordnung aus dem Gesetzesentwurf gestrichen. Dies bedeutet gegenüber der ursprünglichen Fassung, dass die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht des Arbeitgebers für die Unterlagen hinsichtlich von Rentenanwartschaften entfällt. Das ist ein Beitrag zu weniger Bürokratie und hilft zusätzliche administrativen Belastungen zu vermeiden.

Beim Prüfungsrecht der Jahrsbescheinigungen bei den Banken haben wir darauf geachtet, dass das Bankgeheimnis nicht ausgehöhlt wird. Es ist festgehalten, dass dieses Prüfungsrecht lediglich die Systemprüfung umfasst. Dies wird auch zusätzlich durch ein BMF Schreiben sichergestellt.

Die Banken und ihre Kunden müssen in diesem Zusammenhang also keine individuelle Überprüfung der jeweiligen Jahresbescheinigung bei der Bank befürchten.

Von der Wirtschaft wurde immer wieder eine Möglichkeit zur Pauschalierung der Einkommensteuer bei Geschenken gefordert.

In der Tat bestand hier Handlungsbedarf. Ein Bedürfnis nach einer solchen vereinfachten Pauschalierung gibt es nicht erst seit der WM im eigenen Land, als die Problematik der Versteuerung von VIP Logen Tickets auch einem breiteren Publikum offenbar wurde.

Es ist doch eine absurde Vorstellung, wenn das schenkende Unternehmen dem Zuwendungsempfänger der Konzertkarte zugleich auch noch den bei diesem Geschenk anfallenden Steuerbetrag aushändigen müsste.

Wichtig war uns, dass die nun angebotene Pauschalierung der Einkommensteuer in diesem Bereich auch praxistauglich ist.

Dies ist vollumfänglich gelungen. Mit dem pauschalierten Steuersatz in Höhe von 30 % haben wir es geschafft, die richtige Balance zwischen angemessner Besteuerung und Anreizfunktion zu finden.

Mit dem Steuersatz von 30 % wird es zukünftig mehr Unternehmen geben, die die Geschenke für den Beschenkten gleich mitversteuern.

Damit bauen wir auch eine Brücke in die Steuerlegalität, denn die Lebenserfahrung zeigt, dass viele Beschenkte in der Praxis die Zuwendungen - meist aus Unwissenheit über die Steuerpflicht - in ihrer Einkommensteuererklärung nicht aufführen.

Ich bin überzeugt, unter dem Strich wird diese Regelung zu mehr Steuerehrlichkeit, einer erheblichen Vereinfachung für die Unternehmen und zu Steuermehreinnahmen führen.

Für Schenkende und Beschenke bietet diese Regelung zudem mehr Rechtssicherheit.

Mehr Rechtssicherheit wollen wir auch im Zusammenhang mit der immer wieder auftauchenden Diskussion zu verschiedenen unerwünschten Steuergestaltungsmodellen.

Mit dem Jahressteuergesetz 2007 wird auch die letzte Lücke im Zusammenhang mit den Steuersparmodellen beim § 15 b EStG geschlossen.

Leider ist es so, dass der Gesetzgeber – ähnlich wie beim Wettlauf zwischen Hase und Igel - den Entwicklungen im Bereich der aggressiven Steuerplanungsmodelle oftmals hinterher läuft.

Ein Blick über die Grenze zeigt, dass einige andere Staaten deshalb eine Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle eingeführt haben.

Durch diese Anzeigepflicht soll die Verwaltung über missbräuchliche und unerwünschte Gestaltungen im Vorfeld unterrichtet werden. Damit wäre der Gesetzgeber und die Steuerverwaltung dann frühzeitig in der Lage, gegebenenfalls geeignete gesetzgeberische oder verwaltungsmäßige Maßnahmen einzuleiten.

Natürlich ist in diesem Bereich das Spannungsverhältnis zwischen einer Zusage der Verwaltung auf der einen Seite und von Politik und Parlament auf der anderen Seite zu berücksichtigen.

Es kann nicht sein, dass beispielsweise eine Zusage der Verwaltung hinsichtlich eines Steuerplanungsmodells, dass einen Zeithorizont von mehreren Jahrzehnten haben kann, die Politik auf einen solch langen Zeitraum bindet.

Die Handlungsfähigkeit des Gesetzgebers muss hier sichergestellt bleiben.

Der Finanzausschuss hat daher die Bundesregierung gebeten, Vorschläge zur Einführung einer gesetzlichen Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle bis Mitte des Jahres 2007 vorzulegen.

Wenn es gelingt, eine vertretbare Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle zu erreichen, wäre das ein echtes Novum im deutschen Steuerrecht.

Die Folge wäre ein weiterer Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit.

Und mehr Steuergerechtigkeit ist ein Ziel das wir nicht aus dem Auge verlieren dürfen.

Steuergerechtigkeit und ein planbares verlässliches Steuerrecht ist ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor im internationalen Ringen um Investitionen.

Nach einem Jahr Regierung Angela Merkel kann man bereits erkennen, dass wir auf einem guten Weg sind.

Die Steuereinnahmen ziehen kräftig an, die Neuverschuldung wird erheblich gesenkt, der Arbeitsmarkt zeigt eine erfreuliche Belebung.

Wir stehen ein knappes Jahr nach Amtsantritt der Großen Koalition zwar immer noch am Beginn einer sicherlich noch langen Wegstrecke.

Aber soviel Lob sei zugestanden: Wir haben einen guten Anfang gemacht. Und das sollte Mut für Mehr machen.

Das deutsche Steuerrecht muss entrümpelt werden. Schritt für Schritt.

Mit der damit einhergehenden Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen können wir dann auch sukzessive Steuern senken, so dass wir dann vielleicht doch noch einmal an die Vision der „Steuererklärung auf dem Bierdeckel“ denken können.

Es wäre ein Meilenstein, wenn es gelänge, das Steuerrecht so zu vereinfachen, dass es jedem normalen Steuerbürger möglich wäre, ohne große Hilfsmittel seine Steuererklärung eigenhändig zu Papier zu bringen.

Das geht aber nicht mit Nichtstun. Die notwendigen Änderungen, Korrekturen und Anpassungen, die mit dem Jahressteuergesetz 2007 vorgenommen werden, bedeuten keinesfalls eine Verkomplizierung des Steuerrechts.

Das Gegenteil ist der Fall. Wir erhalten mehr Klarheit und in vielen Bereichen sogar eine Vereinfachung – wie zum Beispiel bei der Pauschalierung der Einkommensteuer bei den Geschenken.

Geben wir deshalb diesem Omnibus mit dem Jahressteuergesetz 2007 freie Fahrt.