Antrag der Grünen ist schlicht Unfug

Zu Protokoll gegebene Rede von Olav Gutting MdB zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sonderermittler zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte einsetzen (Tagesordnungspunkt 15)

Olav Gutting (CDU/CSU): Bereits im Januar, als wir hier im Parlament zum Thema Dividendenstripping, auch bekannt als Cum-/Ex-Trade, debattiert hatten, habe ich klargestellt, dass es sich dabei um kein Steuergestaltungsmodell findiger Berater, sondern nach meinem Dafürhalten schlicht um Betrug zulasten des Fiskus gehandelt hat. Auch wir halten die Rückforderung von Kapitalertragsteuer, welche tatsächlich nie gezahlt wurde, nicht nur für höchst problematisch und unmoralisch, sondern für rechtswidrig. Auch das Bundesfinanzministerium hatte stets die Rechtsauffassung, dass nur einmal abgeführte Kapitalertragssteuer nie doppelt bescheinigt werden darf.

Zweck dieses unrechtsmäßigen Geschäftsmodels war es, bei Leerverkäufen über den Dividendenstichtag Zusatzrenditen zu erzielen, weil die deutsche Kapitalertragsteuer durch das Auseinanderfallen von rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum mehrfach bescheinigt wurde. Jedem, der die doppelte Bescheinigung zu seiner Renditesteigerung nutzte, muss klar gewesen sein, dass er unrechtmäßig doppelt kassiert und damit den Fiskus schädigt.

Bereits im Januar habe ich bei meiner Rede gefordert, die rechtliche Einordnung dieser Handlungen den zuständigen staatlichen Strafverfolgungsbehörden und unserer Gerichtsbarkeit zu überlassen. Im Übrigen laufen hierzu bereits verschiedene Ermittlungsverfahren. Der Bundestag und auch die Bundesregierung haben sich aus staatsanwaltlichen Ermittlungen rauszuhalten. Dies gebietet schon unsere Verfassung, in der – mit sehr guten Gründen – die Gewaltenteilung festgeschrieben ist. Gegen die Einsetzung eines Sonderermittlers bestehen auch deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil unsere Verfassung einen solchen Ermittlertyp schlichtweg nicht kennt.

Ihr Antrag lässt auch nicht erkennen, welchen Mehrwert Sie sich von der Einsetzung eines solchen verfassungsrechtlich bedenklichen Sonderermittlers erhoffen? Schließlich sind alle Erkenntnisse der Bundesregierung hierzu bekannt, weil dieses Thema Gegenstand mehrerer Anfragen war. Der Antrag zur Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers ist deshalb völlig unnötig, man kann auch sagen schlicht Unfug. Er stellt nur eine Nebelkerze dar, um das zu verschleiern, was Sie mit Ihrem Antrag tatsächlich bezwecken, nämlich die Klärung einer vermeintlichen politischen Verantwortung, für die es aber das Instrument des Untersuchungsausschusses gibt.

Obwohl die Grünen sonst nicht so zimperlich bei der Forderung zur Einsetzung von Untersuchungsausschüssen sind, begnügen sie sich hinsichtlich der Cum-Ex-Geschäfte mit der Bestellung eines verfassungsrechtlich problematischen Sonderermittlers. Die jeweilige Bundesregierung hat gemeinsam mit dem zuständigen Bundesfinanzministerium – dies muss in diesem Zusammenhang festgehalten werden – stets mit Erlassen auf entsprechende konkrete Hinweise reagiert. Auch der Gesetzgeber selbst blieb nicht untätig. Ein politisches Aufklärungsbedürfnis sehe ich daher nicht.

Ihr Sonderermittler soll auch klären, welche Stellen und welche Personen auf der staatlichen Seite für den entstandenen Schaden zum einen formal und zum ande ren tatsächlich verantwortlich sind. Mit Verlaub! Dieses Ansinnen ist nun wirklich Unfug, denn eine Mitverantwortung setzt eine Beteiligung an dem rechtwidrigen Geschäftsmodell voraus. Eine solche Unterstellung ist absurd. Der Bundestag hat in den Jahren 2007 und 2009 sowie zuletzt im Jahr 201 1 mit dem OGAW-IV-Umsetzungsgesetz den Cum-Ex-Geschäften die Grundlage vollends entzogen. Somit liegt die nachträgliche strafrechtliche Aufarbeitung allein bei den zuständigen Staatsanwaltschaften. Ihr Antrag ist daher abzulehnen.