„Jetzt ist Griechenland am Zug.“

Bundeskanzlerin Merkel setzt in ihrer Regierungserklärung auf Einigung / Olav Gutting MdB berichtet aus Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält trotz der stockenden Verhandlungen mit der griechischen Regierung und den internationalen Gläubigern eine Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland weiter für erreichbar. Voraussetzung für weitere internationale Finanzhilfen sei aber, dass die neue Regierung in Athen die im Februar zugesagten Reformen und ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber den internationalen Gläubigern einhalte, betonte sie am gestrigen Donnerstag, 18. Juni 2015, in ihrer Regierungserklärung zum Europäischen Rat am 25. und 26. Juni in Brüssel vor dem Deutschen Bundestag. „Wenn die politisch Verantwortlichen in Griechenland diesen Willen aufbringen, dann ist eine Einigung mit den drei Institutionen immer noch möglich", sagte Merkel mit Blick auf das am 30. Juni auslaufende zweite Hilfsprogramm für Griechenland, und fügte hinzu: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“

Merkel weiter: „Griechenland ist in den letzten fünf Jahren ein beispielloses Maß an europäischer Solidarität zuteil geworden“. Jedoch habe das Land notwendige Strukturreformen „immer wieder verschleppt“. Dennoch seien die Bemühungen Deutschlands weiter darauf gerichtet, dass Griechenland in der Eurozone bleibt. Zugleich machte die Kanzlerin deutlich, dass die Euro-Zone inzwischen gestärkt sei und Europa heute ganz anders mit der Lage in Griechenland fertig werde, als noch vor fünf Jahren. „Europa ist unstrittig robuster geworden.“

Hintergrund: Die Bundeskanzlerin äußerte sich im Parlament zum EU-Gipfel am 25. und 26. Juni in Brüssel, bei dem die Griechenland-Krise jedoch nicht offiziell auf der Tagesordnung steht. Die 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollen bei ihrem Treffen unter anderem über die europäische Migrations- und Flüchtlingspolitik, die Lage in der Ukraine und eine bessere wirtschaftliche Koordinierung in der Eurozone beraten.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Volker Kauder forderte die griechische Regierung im Bundestag zum Handeln und zur Einhaltung der Bedingungen auf. Er hoffe, dass die Griechen „noch zur Vernunft kommen“. Europa habe in den vergangenen Jahren „alles Mögliche angeboten und getan“ und sehr viel Solidarität geübt, betonte er. „Jetzt ist Griechenland am Zug.“ Der Athener Administration warf Kauder vor, die Hausaufgaben im eigenen Land nicht zu machen. So sei bisher kein einziges Konto im Ausland gepfändet worden und auch die Reeder seien nach wie vor von Steuern befreit. „Wir wollen dieses Europa zusammenhalten und wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt – auch im Interesse unseres eigenen Landes und unserer eigenen Bevölkerung“, stellte Kauder klar.

Schon in seinem Bericht an die Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion vom Beginn der Sitzungswoche stellte er fest, dass die griechische Regierung mit ihrer sprunghaften Verhandlungstaktik ihre europäischen Partner und weltweiten Kreditgeber auf eine schwere Probe stellt. „Mit Sorge haben wir den zwischenzeitlichen Abbruch der Verhandlungen durch den Internationalen Währungsfonds zur Kenntnis genommen. Ohne einen gemeinsamen Vorschlag der Institutionen geht es nicht. Wir wollen Griechenland als Teil der Eurozone halten. Wir stehen zu unserem Grundsatz – es gibt keine Leistung ohne Gegenleistung. So sind die Hilfsprogramme aufgebaut, die ohne Einhaltung der gegenseitigen Verpflichtungen nicht greifen können. Aber nicht nur das Scheitern Griechenlands hätte schwerwiegende Folgen. Mindestens ebenso verheerend wäre es, wenn in der EU – die nur als Gemeinschaft des Rechts die jahrhundertealten Gräben in Europa hat überwinden können – Vereinbarungen und Verträge nicht mehr gelten würden.“

Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union, Gunther Krichbaum, stellte in der Debatte klar: „Soll tatsächlich eine erfolgreiche Rettung erfolgen – was wir uns hier alle, glaube ich, parteiübergreifend wünschen –, dann muss die Regierung in Athen eine 180-Grad-Wende vollziehen. Wir sind hier weder im Kasino noch auf einem Basar. Deswegen muss auch die linksradikale Regierung in Athen folgende zentrale Fragen beantworten: Ist Griechenland bereit, seine hohen Staatsausgaben zu reduzieren? Ist das Land bereit, ein funktionierendes Steuersystem – insbesondere auch, was den Steuervollzug angeht – auf die Beine zu stellen?“

Bildnachweis: Portraitfoto Dr. Angela Merkel: CDU Deutschlands / Dominik Butzmann.