Entscheidender Durchbruch für mehr Steuergerechtigkeit

Rückblick auf die Regierungserklärung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble

Foto Dr. Wolfgang Schäuble: CDU-Laurence Chaperon100 Milliarden Euro gehen dem deutschen Staat jedes Jahr nach Schätzungen durch Steuerhinterziehung verloren – Geld, das für wichtige Aufgaben wie Bildung und Ausbau der Infrastruktur gebraucht werden könnte. Dem Verschieben von Vermögen und damit steuerpflichtiger Erträge per Knopfdruck in andere Länder und damit der Vermeidung von Steuern wird bald ein Riegel vorgeschoben. Im Kampf gegen grenzüberschreitende Steuerflucht und Steuervermeidung ist der Durchbruch gelungen. Hintergrund: Am 28. und 29. Oktober 2014 hat das Bundesministerium der Finanzen unter Führung von Bundesminister Wolfgang Schäuble in Berlin die 7. Jahrestagung des Globalen Forums zu Transparenz und Informationsaustausch für Besteuerungszwecke ausgerichtet. Vertreter der Finanzministerien und Steuerbehörden aus mehr als 50 Ländern kamen dabei zusammen. Im Rahmen der Konferenz wurde ein internationales Abkommen über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen unterzeichnen.

Mit diesem Abkommen wird die Bekämpfung der Steuerhinterziehung weiter vorangebracht, da steuerpflichtige Einkünfte im Ausland auf diese Weise sicher erfasst werden und im Interesse aller ehrlichen Steuerzahler selbst dann besteuert werden können, wenn sie vom Kontoinhaber nicht deklariert wurden. So wird es in Zukunft immer schwieriger, Steuerschlupflöcher zu nutzen. Die „Multilaterale Vereinbarung über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten“ bedarf der Zustimmung des Deutschen Bundestages. Daher stellte Bundesfinanzminister Schäuble am vergangenen Donnerstag im Deutschen Bundestag in der Regierungserklärung „Verbesserter automatischer Informationsaustausch – Einigung auf wirksamere Regeln zur Bekämpfung von Steuerflucht“ die von 52 Staaten und Gebieten unterzeichnete Vereinbarung vor, nach der die Steuerbehörden ab 2017 wichtige Konto- und Steuerdaten untereinander in einem automatisierten Verfahren austauschen werden.

„Das ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen internationale Steuerhinterziehung“, stellte der Finanzminister fest. Die Länder, die sich an dem Informationsaustausch beteiligen, „stehen als Fluchtort für Kapitalvermögen nicht mehr zur Verfügung“, freute sich Schäuble und sagte: „Steuerhinterziehung wird unattraktiver.“ Er kündigte an, dass sich bis zu 100 Staaten, darunter auch die Schweiz, der Vereinbarung anschließen würden. Damit würden im Ausland lagernde Kapitalvermögen einer Besteuerung im Inland zugeführt. Besitzer großer Vermögen dürften sich nicht der Besteuerung entziehen können. Angesichts von Steuergestaltungsmöglichkeiten von internationalen Konzernen, die Patente und Lizenzen in steuergünstige Länder auslagern, sagte der Minister, es sei einiges erreicht worden, um die Möglichkeiten multinationaler Unternehmen zur „kreativen Steuergestaltung“ zu begrenzen. Ziel sei es, konzerninternen Verrechnungspraktiken entgegenzuwirken, mit denen Gewinnkürzungen oder Gewinnverlagerungen vorgenommen werden, um die heimische Steuerschuld zu mindern. Schäuble verteidigte allerdings die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige.

Das Thema wird besonders wegen einiger prominenter Fälle heftig diskutiert: Inwieweit soll es möglich sein, bei der Steuer nicht angegebene Kapitalerträge etwa von Schweizer Konten in einer Selbstanzeige nachträglich zu deklarieren und dann straffrei auszugehen? Die Abgabenordnung eröffnet – in beschränktem Umfang – diese Möglichkeit. Diese als „strafbefreiende Selbstanzeige“ bekannte Regelung soll nach dem Willen der Großen Koalition zwar erhalten, aber eingeschränkt werden. Dazu wird die Abgabenordnung verändert. Der Entwurf sieht vor, die Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige im Steuerrecht durch eine längere Verjährungsfrist zu verschärfen. Künftig soll Steuerhinterziehung bei Selbstanzeige erst dann straffrei sein, wenn Auskünfte über die letzten zehn Jahre gemacht wurden – bislang reicht bereits die Auskunft über die letzten zwei Jahre. Neu ist außerdem, dass die zu zahlende Strafe an das Hinterziehungsvolumen gekoppelt wird.

Zu Forderungen, nach der Einigung auf den Informationsaustausch die in Deutschland auf Kapitalerträge erhobene Abgeltungsteuer von 25 Prozent durch eine individuelle Besteuerung zu ersetzen, sagte Schäuble, wenn der Informationsaustausch 2017 eingeführt sei, könne man die Argumente überprüfen, aber er rate bis dahin zur Zurückhaltung: „Wenn man den zweiten Schritt vor dem ersten geht, gerät man leicht ins Stolpern.“

Foto Dr. Wolfgang Schäuble: CDU/Laurence Chaperon.