„Die territoriale Integrität der Ukraine steht nicht zur Disposition“

Rückblick auf die gestrige Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel zur Krim-Krise – Militärische Reaktion ausgeschlossen

Foto Angela Merkel - Copyright: CDU Deutschlands - Dominik Butzmann

In ihrer Regierungserklärung zur Lage in der Ukraine, welche Bundeskanzlerin Angela Merkel am gestrigen Donnerstag vor dem Deutschen Bundestag abgab, warnte sie Russland mit unmissverständlichen Worten davor, sich die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim einzuverleiben: „Die territoriale Integrität der Ukraine steht nicht zur Disposition." Sollte Russland nicht auf den Weg der Zusammenarbeit und des Völkerrechts zurückkehren, sei die EU bereit und entschlossen zu wirtschaftlichen Strafmaßnahmen. Die Kanzlerin stellte aber auch klar: „Militärisches Vorgehen ist keine Option“. „Es ist beklemmend, was wir derzeit mitten in Europa erleben“, sagte Merkel. Falls es nach dem für Sonntag angesetzten Referendum auf der Krim zu einem Bruch des Völkerrechtes kommen sollte, dürfe man nicht zur Tagesordnung übergehen. Zur Lösung der Krise setzt die Bundesregierung der Kanzlerin zufolge aber auf den diplomatisch-politischen Weg.

So solle eine Beobachterkommission gebildet werden, die sich ein Bild von der Lage auf der Krim machen könne, sowie eine Kontaktgruppe, die den Gesprächskanal offenhalte. Dafür werde man „einen langen Atem“ brauchen. Teil der europäischen Reaktion sind laut Merkel auch finanzielle und politische Hilfen für das Nachbarland Ukraine. Die EU hatte bereits Unterstützung für Kiew in Höhe von elf Milliarden Euro zugesagt. Auch der politische Teil des von Expräsident Viktor Janukowitsch nicht unterzeichneten Assoziierungsabkommens mit der EU soll bald unterschrieben werden. Zölle sollen gesenkt, die Visavergabe erleichtert und der Handel gefördert werden. Merkel stellte klar, dass das europäische Angebot einer Reformpartnerschaft mit Kiew sich gegen niemanden richte, auch nicht gegen Russland. Es gebe kein „Entweder-Oder“ zwischen der Annäherung der Ukraine an die EU und ihrem Bemühen um eine Partnerschaft mit Moskau. Die Kanzlerin warnte die russische Regierung, im Konflikt um die Krim auf Zeit zu spielen. Die EU habe bereits ein dreistufiges Verfahren auf den Weg gebracht. Wenn es in den allernächsten Tagen nicht zu Verhandlungen komme, könnten Einreise- und Kontensperrungen verhängt werden. Die letzte Stufe würde die wirtschaftliche Zusammenarbeit betreffen. Damit schade sich Russland massiv, warnte Merkel.

Sie betonte, Interessenkonflikte in Europa könne man im 21. Jahrhundert nicht mehr mit den Mustern des 19. Jahrhunderts lösen, als das Recht des Stärkeren noch über der Stärke des Rechts stand. In der Zeit der Globalisierung zählten Kooperation und Verständigung mehr als einseitige geopolitische Interessen.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Andreas Schockenhoff, sagte, mit einer destruktiven Politik des Nullsummenspiels schade sich Moskau am meisten. Es schwäche sich wirtschaftlich und isoliere sich politisch. Er äußerte die Hoffnung, dass Russland wieder zur Vernunft komme.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Volker Kauder mahnte in seinem Bericht an die Fraktion ebenfalls eine politische Lösung für die Ukraine an. Dass Russland als übermächtiger Nachbar der Ukraine territoriale Geländegewinne anstrebe, indem es völkerrechtswidrig die Krim besetzte und von der Ukraine abzuspalten versuche, seien Verhaltensmuster wie vor 100 Jahren. Die Zukunft unseres Kontinents müsse auf anderen Pfeilern ruhen: Frieden, Souveränität, Verständigung, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Freiheit. Kauder weiter: „Unsere Fraktion steht zum Erbe unserer Kanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl, die die friedensstiftende Bedeutung der europäischen Einigung erkannt und stets betont haben. Sie haben unser Land zu einem Motor dieses Einigungsprozesses gemacht. Ihr Erfolg ist, dass sich seit Jahrzehnten schon kein Westeuropäer mehr an die Zustände erinnern kann, die unseren Kontinent so lange geprägt haben: unüberwindbare Grenzen und unterdrückte nationale Minderheiten, Misstrauen und Vorurteile, ja Gewalt. Und freuen wir uns, dass diese Welt für unsere Nachbarn jenseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs so attraktiv war, dass sie Europa gemeinsam mit uns gestalten wollen. Dass Kriege im Europa der 28 nicht mehr denkbar sind, ist kein Geschenk des Himmels, sondern Folge einer aktiven und umsichtigen Europapolitik. Für eine solche Politik stehen die Bundesregierung unter Angela Merkel und unsere Bundestagsfraktion.“

Copyright Foto Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel MdB: CDU Deutschlands / Dominik Butzmann.