Die Koalition wird ihre Sacharbeit fortsetzen

Unionspolitiker fordern Aufklärung von SPD in der Affäre Edathy – Respekt für Friedrich / Konsequenzen aus der Affäre Edathy / Neuer Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft vereidigt

Foto: Olav Gutting MdB in seinem Berliner Abgeordnetenbüro.

Die Große Koalition ist durch das Verhalten der SPD in Folge der Geschehnisse rund um den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy in eine schwierige Lage geraten. „Es ist außerordentlich bitter, dass das Verhalten der SPD zum Rücktritt unseres Bundesministers Dr. Hans-Peter Friedrich geführt hat“, betonte in dieser Woche der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Volker Kauder, und bedankte sich im Namen der Fraktion bei Friedrich für dessen Arbeit als Bundesminister, „die er an verantwortlicher Stelle für Deutschland und die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes geleistet hat“. Hans-Peter Friedrich erhielt in der Fraktionssitzung daraufhin lang anhaltenden Applaus seiner Abgeordnetenkollegen.

Die CSU-Landesgruppe wählte Friedrich am Montag zum neuen Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Er kommt damit zurück in die Fraktionsführung und tritt für die CSU die Nachfolge von Thomas Silberhorn an, der als Parlamentarischer Staatssekretär in das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wechselte. Am Dienstag übernahm dann der Stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU Deutschlands und Vorsitzende der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg im Deutschen Bundestag, Thomas Strobl, die Aufgabenbereiche Innen und Recht von Thomas Silberhorn. Bisher hatte Thomas Strobl als Stellvertretender Fraktionsvorsitzender den Aufgabenbereich „Europapolitik, Europakoordination und parlamentarische Zusammenarbeit in Europa inne, der nunmehr von Hans-Peter Friedrich wahrgenommen werden. Hintergrund für diesen Wechsel ist ein parlamentarischer Brauch, der besagt, dass ehemalige Minister, die eine Aufgabe im Parlament für ihre Fraktion wahrnehmen, nicht mehr im selben Aufgabengebiet tätig werden sollten, in dem sie bereits in der Regierung tätig waren.

In seinem in Sitzungswochen des Deutschen Bundestages gehaltenen Bericht bezeichnete der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Volker Kauder das Brechen von Vertraulichkeit und die widersprüchlichen Aussagen von Vertretern der SPD als nicht akzeptables Verhalten in einer Koalition und forderte Aufklärung: „Die SPD ist nun am Zug. Als Rechtsstaatspartei werden wir alles daran setzen, dass bei der Klärung der offenen Fragen keine Zweifel bleiben. Es liegt nun tatsächlich an der SPD, angeschlagenes Vertrauen wiederherzustellen.“ Allerdings, so Kauder weiter, richteten sich auch eine Reihe von Fragen an die Justizbehörden in Niedersachsen: „Hier werden unsere Kolleginnen und Kollegen der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion auf Aufklärung drängen.“

In einer aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages am Mittwoch verlangten weitere Politiker der CDU/CSU-Fraktion vom Koalitionspartner Aufklärung über die Informationsflüsse. Gleichzeitig bekundeten sie ihren Willen, die gemeinsame inhaltliche Arbeit in der Koalition fortzusetzen. Der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Stephan Mayer, erinnerte an die „Erwartung der Bürger, dass wir seriös zusammenarbeiten“. Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder erklärte: „Wir müssen uns jetzt alle darum bemühen, aus einer Arbeitssituation wieder eine Vertrauenssituation zu machen.“ Wenn nicht mit Nachdruck aufgeklärt werde, könne der Rechtsstaat Schaden nehmen, warnte er. Der Lörracher CDU-Abgeordnete Armin Schuster bescheinigte Friedrich, „menschlich wie moralisch und auch juristisch einwandfrei gehandelt zu haben“.

Hintergrund: Der damalige Innenminister Friedrich hatte im Herbst vergangenen Jahres während der Koalitionsverhandlungen SPD-Chef Sigmar Gabriel darüber informiert, dass Edathy Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens war, bei dem es im weitesten Sinne um den Bezug kinderpornografischer Fotos und Videos ging. Friedrich habe den Koalitionspartner, die künftige Bundesregierung, aber auch die Bundesrepublik Deutschland vor Schaden bewahren wollen, beschrieb Mayer dessen Motivation. Auch Schuster sagte, man habe Gabriel davor bewahren müssen, eine falsche Personalentscheidung zu treffen. Gabriel selbst habe dieses Wissen allerdings nicht an den damaligen Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, und den damaligen SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier weitergeben dürfen. Er hätte hinsichtlich der Personalie Edathy eine einsame Entscheidung treffen und dies aushalten müssen.

Konsequenzen aus der Affäre Edathy

Angesichts der Kinderpornografie-Affäre um den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy zieht die Unionsfraktion erste Konsequenzen und setzt sich für einen besseren Schutz vor kinderpornografischen Darstellungen ein und will rechtliche Grauzonen beseitigen. „Wir können nicht zulassen, dass mit den Körpern unschuldiger Kinder Geschäfte gemacht werden“, erklärte die rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker. In Deutschland sind der Erwerb, der Besitz und die Weitergabe von kinderpornografischem Material verboten. Das Strafgesetzbuch definiert Kinderpornografie als Darstellung sexueller Handlungen von, an oder vor Kindern.

Vor dem Hintergrund der jetzigen Diskussion im Fall Edathy wurde aber offenkundig, dass es Grenzbereiche gibt, in denen Minderjährige bislang nicht ausreichend geschützt sind. Die Fraktion hat eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um das deutsche Rechtssystem mit Blick auf den Unterschied zwischen Kinderpornografie und „Posing“-Darstellungen mit dem anderer Länder zu vergleichen. Unter „Posing“ versteht man Bilder, auf denen nackte Kinder abgebildet sind, ohne dass deren Genitalien besonders zur Schau gestellt würden. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadine Schön sagte: „Wir haben drei Ansatzpunkte: Das eine ist das Thema Strafbarkeit, das zweite die Strafverfolgung und das dritte die Prävention.“ Bei der Strafbarkeit gehe es um die Frage, warum in Deutschland etwas völlig legal ist, was zum Beispiel in Kanada strafbewehrt ist. Ein einfaches Foto von nackten Jungen am Strand, das am Computer hochgeladen werde, sei spätestens dann keine Banalität mehr, wenn damit Geschäfte gemacht würden. Bei der Strafverfolgung müssten die Behörden gestärkt werden, sagte Schön mit Verweis darauf, dass es sich bei der Kinderpornografie um einen internationalen Markt handele. Auch die Prävention ist eine wichtige Komponente. Zwar hat die christlich-liberale Koalition in der vergangenen Legislaturperiode bereits ein Kinderschutzgesetz verabschiedet. Doch muss nun auch praktisch etwas geschehen, beispielsweise indem die Medienkompetenz der Eltern gestärkt wird.

Der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Marcus Weinberg forderte Eltern auf, genau zu überlegen, welche Fotos sie von ihren Kindern ins Internet stellen, vor allem in sozialen Netzwerken. Eine unverdächtige Nacktaufnahme von einem Kind im Badeurlaub könne dann sogar zum Problem werden. „Die Politik muss hier präventiv Aufklärung leisten. Eltern sind treuhänderisch für die Würde ihrer Kinder verantwortlich“, sagte Weinberg. Schön fordert auch Jugendliche auf, nicht leichtfertig mit den eigenen Fotos umzugehen und sie nicht gedankenlos ins Netz zu stellen. „Sie müssen wissen, dass damit auch Schindluder getrieben werden kann.“

Neuer Bundesminister vereidigt

Foto: Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert, (re), CDU/CSU, vereidigt den neuen Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt, (li), CDU/CSU. Copyright (c) Deutscher Bundestag - Achim Melde.

Nachdem Hans-Peter Friedrich im Zuge der Geschehnisse rund um den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy vom Amt des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft zurückgetreten ist, wurde am heutigen Donnerstag sein Nachfolger, Christian Schmidt (CSU), zu Beginn der Plenarsitzung durch Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert vereidigt.

Foto oben: Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert, (re), CDU/CSU, vereidigt den neuen Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt, (li), CDU/CSU. Copyright (c) Deutscher Bundestag - Achim Melde.