Hilfe für Zypern beschlossen

Gutting informiert: Schäuble mahnt Haftungsreihenfolge an – Steuerzahler und Eurostaaten müssen an letzter Stelle kommen

Foto Olav Gutting MdB in seinem Berliner Büro

Der Deutsche Bundestag hat an diesem Donnerstag mit der Zustimmung zum Rettungspaket für Zypern einen weiteren Schritt zur Stabilisierung der Euro-Zone getan. Gleich zu Beginn der Sitzung gab Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eine Regierungserklärung zur Zypern-Hilfe ab und warb darin um die Zustimmung der Abgeordneten mit den Worten: „Es gibt zur Überwindung der Krise nicht die eine einfache Lösung.“ Mit 487 Ja-Stimmen bei 101 Gegenstimmen und 13 Enthaltungen hat der Bundestag am 18. April in namentlicher Abstimmung den Antrag des Bundesfinanzministers auf Zustimmung zur Finanzhilfe für Zypern angenommen. Vorgesehen ist, dem Inselstaat neun Milliarden Euro aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zur Verfügung zu stellen. Eine Milliarde Euro hat der Internationale Währungsfonds (IWF) zugesagt. Die Entscheidung im ESM-Gouverneursrat soll am 24. April getroffen werden.

In einer weiteren namentlichen Abstimmung votierten 486 Abgeordnete für die Zustimmung zur entsprechenden Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität und zu einem Memorandum of Understanding nach dem ESM-Vertrag. 103 stimmten dagegen, es gab elf Enthaltungen. In einfacher Abstimmung befürwortete der Bundestag gegen das Votum der Linken bei einer Enthaltung Haftungsanpassungen für Zypern nach dem Rahmenvertrag zur Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF). Durch den Haftungsausfall Zyperns erhöht sich die deutsche Haftung nach dem EFSF-Rahmenvertrag von 29,07 auf 29,13 Prozent.

Namentlich entschied der Bundestag wiederum über die Verlängerung der maximalen durchschnittlichen Laufzeit der EFSF-Darlehen an Irland und Portugal um sieben Jahre. Der Irland-Verlängerung stimmten 500 Abgeordnete zu, 90 lehnten sie bei vier Enthal-tungen ab. Die Portugal-Verlängerung billigten 494 Abgeordnete, 92 lehnten sie ab, fünf enthielten sich.

„Wir sind bei der Bekämpfung der Staatsschuldenkrise im letzten Jahr gut vorangekommen. Wir haben die Währungsunion Schritt für Schritt stabilisiert“, stellte Schäuble in seiner Regierungserklärung fest. Deshalb müsse man sich nun auch der Probleme des kleinen Inselstaates annehmen, obwohl sein Bruttosozialprodukt nur 0,2 Prozent der Euro-Zone betrage. „Wir müssen verhindern, dass aus Problemen in Zypern Probleme für die anderen Länder werden“, sagte der Finanzminister. Wenn man Zypern nicht helfe, stehe das Land vor dem Staatsbankrott, warnte er. Dies könne andere Länder der Euro-Zone in Mitleidenschaft ziehen. Damit kommt die sogenannte Systemrelevanz ins Spiel, die Voraussetzung für Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ist. Sie besagt: Hilfen können nur dann gewährt werden, wenn die Finanzstabilität der Euro-Zone als Ganzes bedroht ist. Außerdem dürfe die Hilfe nur so hoch sein, dass das Land seine Schuldentragfähigkeit bald wieder erlangen könne, sagte Schäuble.

Bis 2020 soll Zypern einen Schuldenstand von 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Wie für alle anderen Euro-Krisenländer, die mit Krediten aus dem ESM unterstützt werden, gilt auch für Zypern: „Hilfe ist immer Hilfe zur Selbsthilfe“, betonte Schäuble. Damit die Inselrepublik neun Milliarden Euro aus dem europäischen Rettungsschirm und eine Milliarde vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten kann, muss es selbst den restlichen Finanzbedarf von rund 13 Milliarden Euro schultern. Außerdem muss Zypern wie die anderen sogenannten Programmländer wirtschafts- und sozialpolitische Reformen durchführen, die es mit der Troika aus EU-Kommission, Eu-ropäischer Zentralbank (EZB) und IWF vereinbart hat. In Zypern kommen strenge Auflagen zur Restrukturierung des Bankensektors hinzu. Der Minister wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „der völlig überdimensionierte Bankensektor vehement gesundgeschrumpft“ werde. Bei Einlagen über 100.000 Euro müssen sich die Kontoinhaber mit erheblichen Summen beteiligen. Die Beteiligung von Anlegern ist bislang einmalig: „Es muss im Falle von Schieflagen von Banken eine Haftungsreihenfolge geben“, betonte Schäuble. Steuerzahler und Staatengemeinschaft dürfen bei einer drohenden Bankenpleite erst an letzter Stelle einspringen. Zuerst kommen die Eigentümer (meist also Aktionäre), dann die nachrangigen Fremdkapitalgeber (Anleihegläubiger) und danach bis zu einer gewissen Grenze die großen Einleger (Kontoinhaber). Erst danach der Heimatstaat und nur im äußersten Fall dürften die anderen Eurostaaten helfen.