Olav Gutting MdB informiert: Wirksame Regulierung der Finanzmärkte

Foto: Olav Gutting MdBDas Thema Finanzmarktregulierung ist im Zuge der europäischen Staatsschuldenkrise und ihrer Auswirkungen auf die Finanzmärkte wieder stark in den Vordergrund gerückt. Ziel der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, mit einem leistungsfähigen Regulierungsrahmen dauerhaft für ein stabileres und widerstandsfähigeres Finanzsystem zu sorgen. Es besteht kein Zweifel daran, dass hier schon viel erreicht wurde. Die Reformagenda im Finanzmarktbereich ist aber längst noch nicht abgearbeitet. Folgend finden interessierte Leserinnen und Leser einen von Dipl.-Kfm. Klaus-Peter Flosbach MdB, Finanzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ausgearbeiteten Überblick, was bisher erreicht wurde und was noch zu tun ist.

Wirksame Regulierung der Finanzmärkte

1. Stärkere und effektivere Regulierung der Finanzmärkte – eine positive Bilanz

a) Erhöhung der Verlusttragfähigkeit der Finanzinstitute Zu den zentralen Reformen gehören die Beschlüsse des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für Banken (Basel III). Mit höheren Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen können zukünftig Verluste besser von den Finanzmarktakteuren absorbiert und die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors insgesamt gestärkt werden. Die neuen Regelungen werden in Deutschland ab Januar 2013 angewendet. Im Versicherungsbereich erfolgt mit Solvency II eine grundlegende Reform des Versicherungs-aufsichtsrechts in Europa. Insbesondere die Eigenkapital- und Risikomanagementvorschriften für Versicherer werden modernisiert.

b) Verringerung von Fehlanreizen durch Staatsgarantien Für systemisch relevante Banken wurden mit dem Restrukturierungsgesetz vom 9. Dezember 2010 Instrumente geschaffen, um diese Banken schonend für die Stabilität der Finanzmärkte restrukturieren oder geordnet abwickeln zu können. Die Bankenaufsicht bekommt stärkere Eingriffsrechte, wenn Banken in einer Krisensituation sind. Zukünftige Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen durch die ab 2011 erhobene Bankenabgabe finanziert. Im Hinblick auf die internationale Verflechtung der Finanzmärkte ist die EU-Kommission aufgefordert, zügig einen europäischen Legislativvorschlag für die grenzüberschreitende Bankenabwicklung vorzulegen.

c) Maßnahmen zur Gefahrenprävention Der neu gegründete Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board - FSB) arbeitet zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) als globales Frühwarnsystem und entwickelt regulatorische sowie aufsichtliche Maßnahmen, mit denen die Finanzmarktstabilität gestärkt werden kann. Damit leistet er einen entscheidenden Beitrag für eine international konsistente Finanzmarktregulierung. Die neuen FSB-Standards für solide Vergütungssysteme im Finanzsektor wurden zügig mit dem Gesetz über die Anforderungen an Vergütungssysteme nebst zweier Rechtsverordnungen umgesetzt. Banken und Versicherungen müssen nunmehr über angemessene, transparente und auf nachhaltige Entwicklung ausgerichtete Vergütungssysteme verfügen. Zudem wurde die Bankenaufsicht ermächtigt, die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile in bestimmten Fällen zu untersagen. Zukünftig müssen Manager alternativer Investmentfonds, u.a. von Hedgefonds und von Fonds mit privatem Beteiligungskapital, bestimmte Zulassungskriterien erfüllen, deren Einhaltung fortlaufend beaufsichtigt wird. Die entsprechende Richtlinie wird spätestens im Frühjahr 2013 in nationales Recht umgesetzt. Seit Inkrafttreten der EU-Ratingverordnung unterliegen auch die Ratingagenturen, die eine Mitverantwortung am Ausbruch und der Zuspitzung der Finanzkrise tragen, erstmals einer Registrierungspflicht und Aufsicht. In die Verbriefung von Kreditforderungen dürfen Banken nunmehr nur noch investieren, wenn die Emittenten der Verbriefungen einen Anteil von 5% der verbrieften Risiken selbst behalten. Ab 2015 wird der Selbstbehalt auf 10% erhöht. Damit wird das Eigeninteresse der Beteiligten erhöht, die sich aus einer Verbriefung ergebenden Risiken sorgfältiger als bisher zu betrachten. Ungedeckte Leerverkäufe von deutschen Aktien und Staatstiteln der Eurozone sowie Kreditversicherungen auf Staatstitel der Eurozone, die keinen Absicherungszwecken dienen, wurden im Sommer 2010 generell verboten.

d) Effektivere Finanzaufsicht Zum 1. Januar 2011 wurde ein Europäisches Finanzaufsichtssystem (European System of Financial Supervision - ESFS) geschaffen, bestehend aus dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board - ESRB), drei Europäischen Finanzaufsichtsbehörden im Banken-, Versicherungs- und Wertpapiersektor (EBA, EIOPA, ESMA), einem behördenübergreifenden Gemeinsamen Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden (Joint Committee) sowie den nationalen Aufsichtsbehörden. Auf globaler Ebene wird die makroprudentielle Aufsicht durch die nun regelmäßig vom Finanzstabilitätsrat und dem Internationalen Währungsfonds durchgeführten „Frühwarnübungen“ gestärkt. Auf nationaler Ebene arbeitet die Bundesregierung an der Umsetzung der von den Koalitionsfraktionen verabschiedeten zehn Eckpunkte zur Reform der nationalen Finanzaufsicht.

e) Stärkung des Verbraucherschutzes Mit dem im April diesen Jahres in Kraft getretenen Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz wurden kurze und verständliche Produktinformationen, sogenannte „Beipackzettel“, für Finanzprodukte eingeführt. Außerdem wurden neue Instrumente für eine effektivere Beaufsichtigung des Vertriebspersonals bei Kreditinstituten geschaffen und die Sanktionsregelungen bei Falschberatungen verschärft. Zur weiteren Stärkung des Verbraucherschutzes hat die Bundesregierung im Mai 2011 den Gesetzentwurf zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vorgelegt. Mit dem Gesetz wird im Bereich des grauen Kapitalmarktes ein mit dem Bankensektor vergleichbares Anlegerschutzniveau geschaffen.

2. Laufende Regulierungsvorhaben im Finanzmarktbereich, die zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden müssen

Obwohl bereits zahlreiche Maßnahmen verabschiedet und in Kraft getreten sind, sind weitere zentrale Regulierungsvorhaben noch im Verhandlungsstadium und müssen zügig zu einem Abschluss gebracht werden. Dies betrifft insbesondere auf internationaler Ebene den Umgang mit global systemrelevanten Finanzinstituten. Es werden Instrumente analysiert und vorgeschlagen, um die Verlusttragfähigkeit global systemrelevanter Institute zu stärken sowie im Krisenfall bei nicht ausreichender Verlusttragfähigkeit ihre geordnete – auch grenzüberschreitende – Restrukturierung oder Abwicklung zu ermöglichen. Beschlüsse der G20-Staats- und Regierungschefs zum Umgang mit global systemrelevanten Finanzinstituten werden zum nächsten G20-Gipfel im November erwartet. Es bedarf Maßnahmen, mit denen die Verwendung externer Ratings verringert werden kann. Weitere Maßnahmen müssen darauf abzielen, die Ratingqualität zu verbessern, den Wettbewerb im Ratingmarkt zu stärken, zivilrechtliche Haftungsregelungen für Ratingagenturen einzuführen sowie Interessenkonflikte bei Ratingagenturen zu mindern. Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung für die Einführung einer EU-weiten Finanzmarktsteuer zur Entlastung der nationalen Haushalte infolge der Finanzmarktkrise ein. Durch eine vollständige Umsetzung der G20-Beschlüsse zur Regulierung der außerbörslichen Derivatemärkte sollen eine verbesserte Marktinfrastruktur erreicht und die aus der Vernetztheit der Finanzmarktteilnehmer folgenden Risiken vermindert werden. Gleichzeitig mit der Anhebung der Aufsichts- und Regulierungsstandards muss verhindert werden, dass die Finanzmarktakteure Geschäftstätigkeiten in den nicht oder wenig regulierten Bereich auslagern. Dies betrifft zum einen nicht-kooperative Jurisdiktionen, in denen keine oder nur eine schwache Regulierung des Finanzmarktes erfolgt. Zum anderen muss dem sogenannten Schattenbankensektor stärkere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Arbeiten auf G20- und EU-Ebene zur Stärkung der Corporate Governance im Finanzsektor müssen rasch zum Abschluss gebracht werden. Die Krise hat die Schwächen in diesem Bereich offen gelegt. So muss sichergestellt werden, dass die Kontrollorgane in den Unternehmen genügend Sachkenntnis haben, um die Produkte und das Risikoprofil des Unternehmens zu verstehen und gegebenenfalls eingreifen zu können. Auf europäischer Ebene wird derzeit die Reform der EU-Einlagensicherungsrichtlinie verhandelt. Die Bundesregierung setzt sich in diesen Verhandlungen dafür ein, die finanzielle Ausstattung und die Funktionsweise der bisherigen Einlagensicherungssysteme zu verbessern, ohne die in Deutschland bewährten Sicherungssysteme wie etwa die Institutssicherung zu gefährden oder die Banken zu überfordern.

3. Weitere Initiativen

Ein zentraler Baustein für eine stabile und wettbewerbsfähige Ausgestaltung des deutschen Finanzplatzes bleibt die Neuordnung des Landesbankensektors. Die Verantwortung hierfür liegt bei den Eigentümern der Landesbanken, also bei den Ländern und den Sparkassen. Die Bundesregierung unterstützt die Restrukturierungsbemühungen und die weitergehende Konsolidierung sowie die Schaffung tragfähiger Geschäftsmodelle bei den Landesbanken. Im Zuge der laufenden Reform der nationalen Finanzaufsicht soll der Verbraucherschutz einbezogen werden. Derzeit wird geprüft, welche Aufgaben im Bereich des finanziellen Verbraucherschutzes notwendigerweise bei der BaFin angesiedelt werden müssen, ohne dabei ihre übrigen Aufgaben zu beeinträchtigen. Die Einrichtung einer unabhängigen Stiftung für Finanzprodukte nach dem Vorbild der Stiftung Warentest wird ebenfalls geprüft.