„Wie ist denn die Merkel so drauf?“

Bundestagsabgeordneter Olav Gutting spricht mit Neuntklässlern über politische Themen / Gute Fragen vorbereitet (Von unserem Redaktionsmitglied Ralph Adameit)

Auf dem Foto: Bundestagsabgeordneter Olav Gutting sprach mit Neuntklässlern der Theodor-Heuss-Realschule Hockenheim über politische Themen. - Foto: Lenhardt

Hockenheim. "Ganz so langweilig scheint es ja nicht gewesen zu sein. Der Schüler, der anfangs noch schlief, hat später sogar noch eine Frage gestellt", meinte Olav Gutting grinsend nach seinem Vortrag im Gemeindesaal St. Christophorus. Dort hatten sich alle Neuntklässler der Theodor-Heuss-Realschule versammelt, um den Ausführungen des CDU-Bundestagsabgeordneten zu folgen und ihm selbst Fragen zu stellen. Von Letzterem machten die Schüler regen Gebrauch und es zeigte sich, dass einige im Fach EWG (Erdkunde-Wirtschaftskunde-Gemeinschaftskunde) durchaus gut zugehört hatten und somit fundiert fragen konnten.

Zunächst erklärte Gutting, wie eine Sitzungswoche in Berlin in der Regel abläuft und warum der Plenarsaal bei Übertragungen oft fast leer ist: "Das liegt nicht daran, dass die Abgeordneten keine Lust haben, sondern daran, dass man in der Regel nur zu den Tagesordnungspunkten im Saal sitzt, wenn der eigene Fachbereich betroffen ist." Diese Arbeitsteilung mit den Fraktionskollegen erlaube ein effektiveres Arbeiten in den eigenen Ausschüssen. Bei wichtigen Abstimmungen ertöne im Büro ein Glockenton. "Davon wacht jeder auf", so der 42-Jährige schmunzelnd. Woher er denn dann wisse, wie er abstimmen solle, wenn er das Thema kaum verfolgt habe, hakte später ein Schüler nach. "Ich verlasse mich auf meine Kollegen, die auf dem Gebiet die Experten sind", antwortete das Mitglied des Finanzausschusses. Zudem habe er noch ein eigenes Büro mit Mitarbeitern, die ihn mit Informationen versorgen.

"Abhöraffäre" interessiert Schüler

Ein großes Thema an diesem Vormittag war die "Abhöraffäre". Wie steht das MdB (Mitglied des Bundestags) dazu? "Weltweit sichere Kommunikation gibt es nicht. Wenn ich eine E-Mail schreibe, ist das so, wie wenn ich eine Postkarte schreibe - jeder kann sie lesen", so Gutting. Man könne ausländischen Geheimdiensten nicht verbieten, wie sie die Kommunikation in ihrem Land überwachen. Klar sei aber: "Auf deutschem Boden muss deutsches Recht gelten."

Dass sich die Schüler nicht nur mit der gegenwärtigen politischen Lage, sondern auch mit seiner Partei auseinandergesetzt hatten, wurde bei der Frage einer Neuntklässlerin deutlich, die wissen wollte, "warum sich die CDU mit der Homosexualität so schwertut".

Olav Gutting erklärte, dass seine Partei nichts gegen "Andersartige" (so seine Formulierung) habe, aber die Ehe zwischen Mann und Frau als besonders schützenswert betrachte. (Anmerkung: Um Missverständnissen vorzubeugen: Gemeint ist eine andersartige sexuelle Orientierung.)

Er selbst habe sich schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für die steuerliche Gleichstellung von Homo-Ehen ausgesprochen.

"Müssen in Bildung investieren"

"Was machen Sie für die Jugend?", lautete eine weitere Frage an den Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Bruchsal-Schwetzingen. Entscheidend sei, dass der Staat weiterhin in Bildung und Forschung investiere. "Da wir kaum Bodenschätze haben, ist das unser Kapital." Zudem sei es wichtig, der nachfolgenden Generation nicht noch mehr Schulden zu hinterlassen.

Etwas erstaunlich war, dass Gutting als Finanzexperte gerade bei den Wirtschaftsthemen ("Warum unterstützen wir Schuldenstaaten?") nicht immer jugendgerecht formulierte. Sätze wie "Solide Finanzen sind die Basis für nachhaltiges Wirtschaftswachstum" lösten mehr Fragezeichen bei den Realschülern aus, als dass sie die Frage (nach dem Sinn von Investitionen, wenn man sparen muss) beantworteten.

Aus dem Nähkästchen plauderte er auf die Frage, "wie denn die Merkel so drauf ist". Der Rechtsanwalt aus Rheinhausen charakterisierte die Kanzlerin als "eine ziemlich taffe Frau, zielstrebig, aber trotzdem freundlich - und oft witzig", wobei letztere Bezeichnung für Lacher bei den Schülern sorgte. Nachdem Gutting auch sein Gehalt offengelegt hatte ("Etwa 8000 Euro brutto - aber glaubt mir: Wer des Geldes wegen in die Politik geht, ist da falsch aufgehoben"), lauteten die letzten Fragen, ob er schon immer Abgeordneter werden wollte und warum man ihn wählen solle. Seine Kandidatur 2001 sei eine ziemlich spontane Entscheidung gewesen, so Gutting. "Deutschland war damals der kranke Mann Europas - heute sind wir Konjunktur-Lokomotive. Ich denke, ich habe in der Zeit keinen schlechten Job gemacht." Das sahen die Wähler von morgen ähnlich und spendeten nach der Verabschiedung durch Konrektor Heiko Mail großen Applaus.

© Hockenheimer Tageszeitung / Text: Ralph Adameit / Foto: Norbert Lenhardt