Fragen und Antworten zum Finanzhilfeprogramm für Zypern

Olav Gutting MdB veröffentlicht einen Frage- und Antwortenkatalog des Bundesministeriums der Finanzen:

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01. Wie sieht das Ergebnis der Beratungen der Eurogruppe zu einem Hilfsprogramm für Zypern vom 15./16.3.2013 aus? Die Eurogruppe hat die Einigung über die Eckpfeiler eines gesamtwirtschaftlichen Reform- und Anpassungsprogrammes begrüßt. Das Programm sieht ehrgeizige Maßnahmen zur Sicherung der Stabilität des Finanzsektors sowie entschlossene Schritte zur erforderlichen Konsolidierung des Haushalts und Strukturreformen vor. Damit wird die Basis zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, für ein nachhaltiges und ausgeglichenes Wachstum und zum Abbau makroökonomischer Ungleichgewichte gelegt. Das Hilfsprogramm wird ein Volumen von rund 10 Mrd. Euro haben. Dadurch ist gewährleistet, dass die Schuldentragfähigkeit gegeben ist und der Schuldenstand Zyperns im Jahr 2020 auf 100 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) sinken würde. Damit ist der Staat Zypern in der Lage, seine Schulden zu meistern, die Schuldentragfähigkeit wäre gegeben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat in Aussicht gestellt, sich an einer Finanzierung des Programmes zu beteiligen. Die Eurogruppe kam auf Basis der Programm-Eckpunkte und der Bestätigung der Systemrelevanz durch die Troika zu dem Schluss, dass Zypern grundsätzlich Stabilitätshilfe über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) gewährt werden könnte.

Die Eckpfeiler des Reform- und Anpassungsprogramms für Zypern sind:

- Verringerung der Größe des inländischen zyprischen Bankensektors auf EU-Durchschnitt: Ohne eine Verringerung der Größe des überdurchschnittlich großen Bankensektors würden dauerhaft hohe Risiken für die Solvenz des zyprischen Staates bestehen bleiben. Daher sehen die Eckpunkte für ein Hilfsprogramm für Zypern vor, den überdimensionierten inländischen Bankensektor bis zum Jahr 2018 deutlich auf EU-Durchschnitt zu verkleinern. Dies geschieht durch den Verkauf des griechischen Geschäfts der zyprischen Banken, die weitgehende Reduzierung des internationalen Geschäfts der zyprischen Banken und die Rückführung des einheimischen Geschäfts der zyprischen Banken auf den zur Finanzierung der zyprischen Realwirtschaft notwendigen Umfang.

Faire Lastenverteilung zwischen Staat und Bankensektor bei der Rekapitalisierung und Umstrukturierung der Banken: An der Restrukturierung des Bankensektors sollen sich im Rahmen einer fairen Lastenteilung Eigentümer und andere Gläubiger der Banken in beteiligen: Alle Eigentümer und nachrangige Gläubiger werden sich in vollem Umfang ihrer Anteile an Verlusten beteiligen. Der zyprische Bankensektor ist sehr stark durch Einlagen geprägt. Das Volumen der Einlagen beträgt rund 70 Mrd. Euro. Etwa die Hälfte der Einlagen in Zypern wird von nicht in Zypern ansässigen Personen gehalten. Im Verhältnis zu deutschen Spareinlagen sind die Spareinlagen in Zypern überdurchschnittlich hoch. Ein Großteil der Spareinlagen beträgt mehr als 100.000 Euro. Es handelt sich bei den Einlegern also im Wesentlichen nicht um Kleinsparer, sondern um sehr wohlhabende Einleger. Die Einleger werden sich deutlich an der Finanzierung der Restrukturierung des Bankensektors beteiligen. Hierzu hat Zypern angekündigt, im Voraus eine einmalige, progressiv gestaffelte Stabilitätsabgabe auf Einlagen von In- und Ausländern zu erheben.

- Eigenleistungen der Republik Zypern: Eine der wesentlichen Auflagen des Programms besteht darin, den Staatshaushalt Zyperns zu konsolidieren. Zusätzlich zu den bereits umgesetzten Konsolidierungsmaßnahmen von rund 4,5 Prozent des BIP und bestehenden Planungen hat Zypern angekündigt, die Zinsertragsteuer anzuheben, den Körperschaftsteuersatz von derzeit 10 auf 12,5 Prozent zu erhöhen, Staatsbetriebe zu privatisieren, überschüssige Goldreserven zu veräußern und einen Teil seiner Schulden durch Transfer von Staatsvermögen zu tilgen.

- Wirksame Bekämpfung von Geldwäsche: Ein mögliches Programm sähe zudem ein Bündel von Auflagen zur besseren Bekämpfung von Geldwäsche vor. Zypern wird zur Geldwäscheprävention besser mit ausländischen Behörden kooperieren. Des Weiteren wird die Implementierung internationaler Regeln sichergestellt, die dem zeitnahen Zugriff auf Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten von Gesellschaften und Trusts dienen. Drittens wird die zyprische Zentralbank ihre Überwachung verstärken. In der Eurogruppe wurde zusätzlich eine unabhängige Prüfung der Umsetzung des Rahmenwerks zur Vermeidung von Geldwäsche in zyprischen Finanzinstituten vereinbart. Der Eurogruppe wurde zugesichert, dass die vom Expertenausschuss zur Bewertung von Maßnahmen gegen Geldwäsche (Moneyval) und einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durchzuführende Bewertung in Kürze beginnen wird. Sollten bei der Umsetzung des Rahmenwerks gegebenenfalls Probleme auftreten, würden sie als Teil der zu vereinbarenden Auflagen des Programms korrigiert werden.

- Beteiligung Russlands: Die Russische Föderation hat Zypern im Jahr 2011 eine Kredit im Umfang von 2,5 Mrd. Euro gewährt. Zypern wird mit Russland über eine Anpassung der Konditionen dieses Kredites verhandeln und das Ergebnis in die Gespräche mit der Troika einfließen lassen.

02. Wie bewertet die Bundesregierung das Verhandlungsergebnis? Es wurde nach langen und harten Verhandlungen ein Weg gefunden, Zypern zu helfen, ohne dabei die Zukunft des Landes zu verpfänden. Im Sinne einer fairen Lastenteilung müssen sich Eigentümer, Gläubiger und Einleger der Banken an den Kosten der Banken beteiligen. Wie die Ausgestaltung der Stabilitätsabgabe der Einleger erfolgt, wird ganz wesentlich von der zyprischen Regierung bzw. vom zyprischen Parlament entschieden. Die Eurogruppe hat dies am Montagabend noch einmal betont. Wichtig ist, dass das vereinbarte Programmvolumen von nicht mehr als 10 Mrd. Euro glaubwürdig eingehalten wird. Der zyprische Bankensektor wird deutlich heruntergefahren und auf ein nachhaltiges Niveau und Geschäftsmodell gebracht. Die Einnahmenbasis des Staates wird verbessert und durch Konsolidierung und Reformen schlägt Zypern den Weg hin zu einer wirtschaftlichen Gesundung ein. Auch die Fragen rund um die Geldwäsche werden angegangen. Das Verhandlungsergebnis stellt sicher, dass die Verschuldung Zyperns auf einem tragfähigen Niveau bleibt. Zypern erhält die Möglichkeit, die Reformen, die in einem „Memorandum of Understanding“ (MoU) vereinbart werden sollen, umzusetzen. Damit kann das nicht mehr tragbare Geschäftsmodell grundlegend reformiert und die Schuldenlast zurückgeführt werden.

03. Ist das Programm endgültig beschlossen? Nein, in Deutschland muss erst der Deutsche Bundestag beteiligt werden. Auch in anderen Ländern müssen die Parlamente beteiligt werden. Erst dann kann der Gouverneursrat des ESM (bestehend aus den Finanzministern der Mitgliedstaaten) zusammentreten und das Programm final beschließen.

04. Wie ist das weitere Vorgehen? Es ist notwendig, dass das zyprische Parlament umgehend die Rechtsgrundlage für die Stabilitätsabgabe beschließt. Die Eurogruppe hat sich politisch auf Eckpunkte verständigt. Diese Eckpunkte werden dem Bundestag vorgelegt. Dann kann die Troika die Details (Memorandum of Understanding) eines Programms ausarbeiten. Eine abschließende Entscheidung wäre in der ersten Parlamentswoche im April möglich. Das deutsche ESM-Gesetz sieht diese zwei Stufen vor. Anschließend kann der ESM-Gouverneursrat das Programm in der zweiten April-Hälfte beschließen, sofern auch die Parlamente anderer Euro-Länder dem Programm zugestimmt haben.

05. Wann soll der Bundestag über was abstimmen? Wenn die Voraussetzungen vorliegen, wird ein Antrag auf Zustimmung zu den grundsätzlichen Eckpunkten des Hilfsprogramms für Zypern noch diese Woche in den Bundestag eingebracht und auch die Ausschüsse werden informiert. Wann der Deutsche Bundestag einen Beschluss fasst, entscheidet dieser selbst. Wenn dann das fertige „Memorandum of Understanding“ mit allen Details vorliegt, ist es nach dem deutschen ESM-Gesetz erforderlich, dass der Deutsche Bundestag auch diesem zustimmt. Das könnte in der zweiten April-Hälfte möglich sein.

06. Bis wann wird das Verfahren abgeschlossen sein? Ein Abschluss des ganzen Verfahrens in der zweiten April-Hälfte ist angestrebt.

07. Welchen Umfang hat das Programm? Bis zu rund 10 Mrd. Euro. Ursprünglich hatte die Troika berichtet, dass ein Anpassungsprogramm rund 17 Mrd. Euro umfassen müsse: rund 10 Mrd. Euro für die Banken und 7 Mrd. Euro für die Finanzierung der Staatsschulden und des Haushaltsdefizits. Dieses Programmvolumen wäre so hoch gewesen, dass die Schulden nicht mehr tragfähig gewesen wären. Deswegen hat man sich auf eine umfassende Lastenteilung unter Einbeziehung von Bankgläubigern und Einlegern verständigt. Das Programmvolumen sinkt damit signifikant auf rund 10 Mrd. Euro. Auf dieser Basis rechnet die Troika mit einer Schuldenquote bis 2020 von 100 Prozent des Bruttoninlandprodukts (BIP).

08. Wie konnte der Umfang des Programms verringert werden? Durch ein Bündel an Maßnahmen, wobei auf eine faire Lastenteilung zwischen Eigentümern, Gläubigern und Einlegern geachtet wurde. So hat Zypern zur Senkung des Finanzbedarfs für das Programm zugesagt, die Unternehmenssteuer und die Quellensteuer auf Kapitalerträge zu erhöhen, staatliches Eigentum zu privatisieren und eine progressiv ausgestaltete einmalige Stabilitätsabgabe auf Einlagen inländischer und ausländischer Einleger zu erheben.

09. Warum müssen die Bankkunden einen Beitrag leisten? Wie sieht der Plan zum Umbau des zyprischen Bankensektors aus? Es handelt sich um eine gerechte Lastenverteilung zwischen den anderen Euro-Ländern und dem zyprischen Beitrag. Der zyprische Bankensektor ist verglichen mit dem EU-Durchschnitt und der zyprischen Volkswirtschaft sehr groß. Die Branche soll nun bis 2018 auf ein durchschnittliches Maß schrumpfen. Die Größenordnung entspricht dem durchschnittlichen Verhältnis zwischen der jährlichen Wirtschaftskraft des Landes und der Größe der Bankbilanzen. Die Umstrukturierung wird auf der Basis einer Beihilfeentscheidung der Europäischen Kommission erfolgen, wie es auch im Rahmen des spanischen Hilfsprogramms der Fall ist.

10. Wie wird der Beitrag der Bankkunden in der Praxis funktionieren? Die Rechtsgrundlage für die Abführung der Sonderabgabe muss das zyprische Parlament beschließen. Grundsätzlich wurde in der Eurogruppe verabredet, dass der Anknüpfungspunkt für die Sonderabgabe ist, dass man ein Konto auf Zypern bei einer zyprischen Bank hat. Die Frage der Staatsbürgerschaft ist dabei nicht entscheidend.

11. Warum gibt es keinen Kleinsparer-Freibetrag? Die zyprische Regierung hat die Ausgestaltung der Abgabe für Sparguthaben ganz wesentlich mit beeinflusst. Die Details werden vom zyprischen Parlament festgelegt werden.

12. Befindet sich Zypern nun auf einem guten Weg? Die Programmgröße ist tragfähig. Zypern erhält die Möglichkeit, die Reformen, die im MoU vereinbart werden sollen, umzusetzen. Damit kann das überkommene Geschäftsmodell grundlegend reformiert und die Schuldenlast zurückgeführt werden. Elemente der Lastenteilung sind eine einmalige Stabilitätsabgabe auf in- und ausländische Einlagen und eine Beteiligung bei nachrangigen Anleihen. Daneben ist eine Erhöhung der Zinsertragsteuer aus Einlagen vorgesehen. Die Umsetzung der Maßnahmen für den Bankensektor ist anspruchsvoll: So muss die zyprische Zentralbank sofort handeln. Das Programm, wenn es so beschlossen wird, löst das Problem des völlig überdimensionierten Bankensektors und wird den einheimischen zyprischen Bankensektor bis 2018 auf einen europäischen Durchschnitt zurückführen. Wichtig ist zudem: Zur Geldwäscheprävention wurde eine ex-ante Prüfung und ein laufendes Monitoring zur Geldwäscheprävention vereinbart.

13. Wurde die Unternehmensbesteuerung, die als vergleichsweise niedrig gilt, verändert? Zypern hat zugesagt, seine Unternehmenssteuern von 10 Prozent auf 12,5 Prozent zu erhöhen. Weitere Maßnahmen wie Privatisierungen zur Haushaltskonsolidierung kommen dazu.

14. Werden die Vorgaben des deutschen ESM-Gesetzes eingehalten? Ja.

15. Wird der Deutsche Bundestag umfassend beteiligt? Ja, definitiv. Das Bundesfinanzministerium hat den Deutschen Bundestag in den letzten Monaten kontinuierlich über die Entwicklungen unterrichtet und wird dem Bundestag die zur Zeit vorliegenden und erforderlichen Dokumente wie das Statement der Eurogruppe, eine Übersicht der Maßnahmen und die Einschätzung zur Gefahr für die Finanzstabilität des Eurowährungsgebiets übermitteln. Die umfassende Beteiligung des Deutschen Bundestages ist gesetzlich vorgeschrieben. Der Bundesfinanzminister kann dem Hilfspaket erst zustimmen, nachdem der Deutsche Bundestag zugestimmt hat.

16. Wächst der Betrag, für den Deutschland insgesamt für Euro-Länder haftet? Nein. Die Mittel werden aus dem bereits bestehenden ESM entnommen. Der ESM muss für das Zypernprogramm nicht vergrößert werden.

17. Wird sich der Internationale Währungsfonds (IWF) am Programm beteiligen? Ja, der IWF hat eine Beteiligung am Programm signalisiert, sofern die nach seinen Regularien notwendigen Voraussetzungen vorliegen.

18.  Wie groß schätzt das BMF die Gefahr des Vertrauensverlustes der Sparer in anderen Krisen-Ländern ein? Zypern mit seinem deutlich überdimensionierten und zum Teil problematischen Bankensektor ist ein besonderer Fall, der dementsprechend auch einer besonderen Lösung bedarf. Der Finanzbedarf der zyprischen Banken beträgt ca. 10 Mrd. Euro. Es ist schwer vorstellbar, wie Zypern ein dementsprechendes Hilfsprogramm des ESM und des IWF in dieser Höhe – zusätzlich zu dem Bedarf des Staates – hätte zurückzahlen können. Die Lösung sieht daher vor, dass die Eigentümer, die Anleger und die Gläubiger der zyprischen Banken zunächst diesen Finanzbedarf reduzieren und dann der ESM, also die Bürger der anderen Euro-Länder und der IWF den verbleibenden Finanzbedarf des Landes mit einem Hilfsprogramm decken. Aufgrund der eindeutigen Besonderheiten der zyprischen Probleme und der mit dem Hilfsprogramm einhergehenden Stabilisierung Zyperns und des zyprischen Finanzsektors ist davon auszugehen, dass die Hilfe für Zypern keine negativen Auswirkungen auf das Vertrauen der Anleger in der Eurozone haben wird. Die Eurogruppe hat ein für den speziellen Fall Zypern punktgenaues Programm erstellt, dessen Probleme im deutlich überdimensionierten Finanzsektor ihren Ursprung haben. Durch das Programm werden der Finanzsektor auf Zypern, die zyprische Wirtschaft und der zyprische Staat stabilisiert, ohne dass die Zukunft Zyperns durch eine nicht tragfähige und zu große Staatsverschuldung verpfändet wird. Das ist in überhaupt keiner Weise mit der Situation in Deutschland oder den anderen Staaten der Eurozone vergleichbar.

19. Was ist mit dem Problem der Geldwäsche? Die Erklärung der Eurogruppe beinhaltet eine klare Linie dahingehend, dass die Fragen rund um das Problem der Geldwäsche nicht nur auf dem Papier sondern auch faktisch angegangen und geklärt werden – auch durch Herbeiziehen externer Berater und Überprüfer. Zusätzlich zu dem durch Zypern bereits verbesserten Regelwerk zur Geldwäscheprävention wird eine unabhängige Untersuchung zur Umsetzung der Regeln in zyprischen Finanzinstitutionen durchgeführt werden. Sollte diese Untersuchung Defizite feststellen, werden diese als Teil der Auflagen eines Programmes abgestellt.

Text: © 2013 Bundesministerium der Finanzen
Foto: © BMF/Hendel