Ergebnisse des Koalitionsausschusses vom 4. November 2012

Stetiges Wachstum und sichere Arbeitsplätze für ein starkes Deutschland

Deutschland ist der Wachstumsmotor Europas. Trotz der Staatsschuldenkrise in vielen europäischen Ländern und einer unsicheren internationalen Wirtschaftsentwicklung zeigt sich die deutsche Wirtschaft erfolgreich und dynamisch. Der Arbeitsmarkt ist robust und die Beschäftigungszahlen sind weiterhin auf Rekordniveau. Unser Land hat in den zurückliegenden Krisenjahren gezeigt, was in ihm steckt. Diese Erfolge resultieren aus den gelebten Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, dem großen Engagement vieler Unternehmer und ihrer Beschäftigten sowie der erfolgreichen Zusammenarbeit von Arbeitnehmern, Unternehmen und dem Staat. Die Bundesregierung wird diesen Kurs weiterverfolgen. Uns leiten dabei drei Prinzipien: Solide Finanzen, Solidarität mit den Schwachen und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Dieser Kurs gilt für unsere Politik in Deutschland ebenso wie für unsere Politik in Europa.

Deutschland geht es dauerhaft nur gut, wenn es auch Europa gut geht. Die Überwindung der Staatsschuldenkrise und damit verbunden die Stabilisierung des Euro sind daher von zentraler Bedeutung für die Zukunft unseres Landes aber auch Europas insgesamt. Mit der Umsetzung des Fiskalpakts und des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) haben wir den Euro deutlich sicherer gemacht. Dennoch sind noch nicht alle strukturellen Defizite, die bei der Einführung des Euro gemacht worden sind, überwunden: Vor allem eine wirkungsvolle Bankenaufsicht für den Euroraum muss noch entstehen. Für den Wohlstand der Menschen in unserem Land und die nachhaltige Sicherung unserer Währung muss Deutschland stark und erfolgreich bleiben. Daher gilt es, die Wirtschaftskraft unseres Landes zu fördern, den sozialen Zusammenhalt weiter zu stärken und zugleich unsere solide Finanzpolitik konsequent fortzuset-zen. Wir werden die Bürger und Unternehmen durch die Senkung der Sozialbeiträge daher bereits im kommenden Jahr um insgesamt über 6 Milliarden Euro entlasten. Dies ist eine wichtige Grundlage für privaten Konsum und unternehmerische Investitionen. Zudem stärken wir den Standort Deutschland durch weitere Investitionen in Strasse, Schiene und Wasserwege und werden die Bürokratie im Gesundheitswesen deutlich reduzieren. Mit der Lebensleistungsrente leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung von Altersarmut. Und wir gehen den Weg der Haushaltskonsolidierung konsequent weiter, um die Vorgaben der nationalen Schuldenbremse und des europäischen Fiskalpakts nachhaltig einzuhalten. Wir wollen - stabile weltwirtschaftliche und europäische Rahmenbedingungen vorausgesetzt -, bereits ab dem Jahr 2014 einen Bundeshaushalt ohne strukturelles Defizit aufstellen und dies mit dem Kabinettsbeschluss zu den Eckwerten des Bundeshaushalts 2014 im kommenden März umsetzen.

Vor diesem Hintergrund haben wir folgende Entscheidungen getroffen:

Strukturell ausgeglichener Haushalt 2014

Im Jahre 2013 werden wir die Schuldenbremse einhalten, d.h. drei Jahre früher als im Grundgesetz vorgeschrieben. Diesen Weg wollen wir konsequent fortsetzen und weiter die Neuverschuldung reduzieren. Stabile weltwirtschaftliche und europäische Rahmenbedingungen vorausgesetzt, wollen wir einen Bundeshaushalt 2014 ohne strukturelles Defizit aufstellen und dies mit dem Kabinettsbeschluss zu den Eckwerten des Bundeshaushalts 2014 im kommenden März umsetzen.

Solide Finanzen – solider Gesundheitsfonds
Der Bund unterstützt die Sozialversicherungen jährlich mit insgesamt rund 100 Mrd. Euro. 14 Mrd. Euro davon werden jährlich in den Gesundheitsfonds überwiesen. Ziel dieser Unterstützung ist es im Wesentlichen, eine nachhaltige Finanzierung zu sichern und gleichzeitig Bürger und Unternehmen von starken Schwankungen der Beitragssätze zu entlasten. Nicht angedacht war es, dass im Gesundheitsfonds in dieser Höhe ungenutzte Milliarden-Finanzpolster entstehen, die auch durch Steuerzuschüsse finanziert werden. Vor diesem Hintergrund halten wir es für richtig, den Bundeszuschuss im Jahr 2013 zusätzlich um 500 Mio. € und im Jahr 2014 um 2 Milliarden Euro zu kürzen. Dies trägt zur Haushaltskonsolidierung und Einhaltung der Schuldenbremse bei und eröffnet Spielräume für weitere Investitionen.

Kreditanstalt für Wiederaufbau – Aufhebung des Gewinnausschüttungsverbots
Die KfW hat 2010 mit rd. 2,6 Mrd. € und 2011 mit rd. 2,1 Mrd. € Rekordgewinne erwirtschaftet, u. a. weil sie in besonderem Maße von den sehr günstigen Refinanzierungsbedingungen dank ihrer an den Bund gekoppelten erstklassigen Bonität profitiert. Das langfristige Ertragspotential wird auf gut 1 Mrd. € geschätzt. Das bisherige Thesaurierungsgebot der KfW soll aufgehoben werden, erstmals mit Wirkung für das Ergebnis des Geschäftsjahres 2013. Soweit erforderlich wird der Gewinn weiterhin zur Verfügung stehen, um eine ausreichende Kapitalausstattung der KfW zu gewähreisten. Im Übrigen soll der Gewinn den Anteilseignern im Verhältnis ihrer Kapitalanteile zufließen.

Abschaffung der Praxisgebühr

Die Praxisgebühr wird zum 1. Januar 2013 abgeschafft. Damit entlasten wir die Bürger insgesamt um rund zwei Milliarden Euro pro Jahr und reduzieren für Ärzte und Krankenkassen die Belastung mit Bürokratie erheblich. Die Gesetzlichen Krankenkassen erhalten hierfür aus dem Gesundheitsfonds dauerhaft einen vollständigen Ausgleich.

Anhebung des Verkehrsetats in 2013

Einer der zentralen Standortvorteile Deutschlands ist die gute Infrastruktur. Um diese zu erhalten und dort, wo es möglich ist, weiter auszubauen, werden wir bereits für das kommende Jahr vorrangig für Neubauprojekte weitere 750 Mio. Euro bereitstellen. Damit werden für die Strasse, die Bahn und die Wasserwege weitere nötige und wachstumsfördernde Investitionen einschließlich der Flughäfen in Gang gesetzt.

Entlastung der Bürger – Senkung des Beitrags zur Gesetzlichen Rentenversicherung

Die vielen motivierten und gut ausgebildeten Beschäftigten in den Betrieben sind das zentrale Rückgrat unserer Wirtschaft. Wir wollen, dass sich ihre Arbeit lohnt. Deshalb nutzen wir die finanziellen Spielräume, die sich durch die gute wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land ergeben, konsequent für Entlastungen der Beschäftigten. Zum 1. Januar 2013 senken wir den Beitragssatz der Gesetzlichen Rentenversicherung für die Arbeitnehmer von 19,6 % auf 18,9% um 0,7 Prozentpunkte. Das ist der niedrigste Beitragssatz der Gesetzlichen Rentenversicherung seit 1995. Damit entlasten wir Bürger und Unternehmen ab dem kommenden Jahr um über 6 Milliarden Euro pro Jahr. Dies wird der deutschen Wirtschaft einen zusätzlichen Wachstumsimpuls verleihen, was vor dem Hintergrund der sich eintrübenden Wachstumsprognosen von besonderer Bedeutung ist.

Sichere Rente – starker Generationenvertrag (Lebensleistungsrente)

Der Generationenvertrag zwischen Jung und Alt ist durch die Politik der Bundesregierung in den vergangenen Jahren wieder auf eine solide, verlässliche Basis gestellt worden. Die Rentenversicherung ist finanziell gut aufgestellt. Für die Bundesregierung ist dies Grund genug, den Weg der Stabilisierung der Rente und der Sicherung des Lebensstandards im Alter weiter fortzusetzen: Denn eine zukunftsfeste Altersvorsorge muss auf drei Säulen ruhen: Der gesetzlichen Rente, der privaten und der betrieblichen Vorsorge. In allen Säulen gilt es auch weiterhin klug und gezielt die richtigen Weiterentwicklungen auf den Weg zu bringen. Denn wir sehen, dass durch veränderte wirtschaftliche Strukturen und den demographischen Wandel in Zukunft die Gefahr besteht, dass Altersarmut zunimmt. Das wollen wir verhindern und machen uns dafür stark, dass jeder, der ein Leben lang beschäftigt war und vorgesorgt hat, ein Alterseinkommen oberhalb der Grundsicherung erhält. Noch in dieser Legislaturperiode sollen konkrete Verbesserungen für eine Lebensleistungsrente geschaffen werden, die nicht beitrags-, sondern steuerfinanziert werden. Dafür werden wir die Bewertung der Beitragszeiten für Frauen, die Kinder erzogen und/oder Pflegeleistungen erbracht haben, für Erwerbsgeminderte und Menschen mit geringen Einkommen verbessern. Die Grenze der Höherbewertung befindet sich dabei knapp oberhalb der Grundsicherung. Die Regelungen werden so gestaltet, dass sich zusätzliche private Vorsorge für gesetzlich Rentenversicherte lohnt. Voraussetzung für die Verbesserung ist, dass mindestens 40 Jahre in die Gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und privat vorgesorgt worden ist. Darüber hinaus wird die Bundesregierung prüfen, inwieweit es finanzielle Spielräume gibt, Müttern mit mehreren Kindern, die vor 1992 geboren worden sind, zusätzliche Entgelte zu ermöglichen.

Betreuungsgeld

Die Freiheit der Familien, ihr Lebensmodell eigenständig entscheiden zu können, ist für die Bundesregierung ein zentrales Gut. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung bereits in den vergangenen Jahren vier Milliarden Euro zum Ausbau von Kita-Plätzen in den Ländern zur Verfügung gestellt. Und deshalb hat die Bundesregierung diese finanzielle Unterstützung für die Länder für das kommende Jahr noch einmal um 580 Millionen Euro aufgestockt. Die Bundesregierung ist sich aber auch einig, dass neben dem Ausbau von Kita-Plätzen auch die Familien, die von dem staatlichen Angebot keinen oder kaum Gebrauch machen, gefördert werden sollen. Deshalb wird zum 1. August 2013 ein Betreuungsgeld mit folgenden Eckwerten eingeführt:

- Das Betreuungsgeld beträgt bis zum 31. Juli 2014 zunächst 100 Euro/Monat. Ab dem 1. August 2014 beträgt es 150 Euro/Monat.
- Familien, die die Leistung nicht ausgezahlt erhalten wollen, können das Betreuungsgeld alternativ auch zur privaten Altersvorsorge einsetzen. Wer dies tut, erhält einen zusätzlichen Bonus von 15 Euro/Monat. Zudem wird die Bundesregierung als weitere Alternative ein Modell des Bildungssparens beschließen, das ebenfalls anstelle der Auszahlung des Betreuungsgeldes von den Familien genutzt werden kann und mit einem zusätzlichen Bonus von 15 Euro/Monat verbunden ist.
- Wir wollen eine kontinuierliche Förderung in den ersten drei Lebensjahren eines Kindes ermöglichen – zunächst mit dem Elterngeld – dann mit dem Betreuungsgeld. Da das Elterngeld bis zu 14 Monaten bezogen werden kann, kann daran anschließend für bis zu 22 Monate das Betreuungsgeld beantragt werden.

Erneuerbare Energie / Reform des EEG

Der Ausbau erneuerbarer Energien muss konsequent weiter verfolgt werden. Ziel bleibt eine zuverlässige, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung. Der politische Dialog ist auf eine gemeinsame nationale Ausbaustrategie zu richten – wie sie bereits auf dem „Energiegipfel“ der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder am 2. November 2012 vereinbart worden ist. Die Koalition ist der Überzeugung, dass für die Steuerung des Ausbaus erneuerbarer Energien eine grundlegende Reform des EEG erforderlich ist. Diese muss darauf abzielen, die Kosten auf ein vertretbares Maß zu begrenzen, ein hohes Maß an Investitionssicherheit zu gewährleisten und das Zusammenspiel von erneuerbaren Energien mit der übrigen Energieversorgung, insbesondere bei den Stromnetzen und den grundlastfähigen Kraftwerken, zu verbessern. Die Reform beinhaltet auch eine Überprüfung der Ausnahmetatbestände bei der EEG-Umlage. Wir wollen dazu bis zum März des kommenden Jahres Ergebnisse vorlegen.