Ehrung zweier prägender CDU-Politiker

Helmut Kohl vor dreißig Jahren zum Bundeskanzler gewählt / Wolfgang Schäuble zum 70. Geburtstag

In dieser Sitzungswoche des Deutschen Bundestages ehrte die CDU/CSU-Fraktion zwei ihrer prägenden Mitglieder: Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble. Aus Anlass des 30. Jahrestages seiner ersten Wahl zum Bundeskanzler nahm an diesem Dienstag Helmut Kohl an der Fraktionssitzung teil. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Volker Kauder erinnerte in seinem Bericht an die „historische Wende vor dreißig Jahren“. Am 1. Oktober 1982 wählte der Deutsche Bundestag Dr. Helmut Kohl zum Bundeskanzler. Damals litt das Land unter hoher Arbeitslosigkeit, einer enormen Staatsquote und unter schwachem Wirtschaftswachstum. Die Menschen wollten einen Neuanfang und haben dies ein halbes Jahr später bei der Bundestagswahl 1983 eindrucksvoll unterstrichen. Unter Führung von Helmut Kohl hat die neue christlich-liberale Koalition die Politik des Landes neu ausgerichtet: Zurück zu den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, Stabilisierung der Sozialbeiträge und Sanierung des Staatshaushalts waren wichtige Stichworte. Soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Vernunft wurden wieder miteinander verbunden.

Außenpolitisch hat Helmut Kohl die Bundesrepublik Deutschland wieder fest in der westlichen Werte- und Sicherheitsgemeinschaft verankert. Frieden und Freiheit gehörten für ihn immer untrennbar zusammen. Sein Festhalten am NATO-Doppelbeschluss wird heute auch von damaligen Gegnern als richtig bezeichnet.

Genauso unbeirrt hat Helmut Kohl am Ziel der Einheit Deutschlands festgehalten – auch und gerade in einer Zeit, als SPD und SED in Ost-Berlin gemeinsam Grundwerte ausloteten. Helmut Kohl dagegen hat Klartext gesprochen, erinnern wir uns nur an seine Rede beim Honecker-Besuch in Bonn 1987. Überzeugungen überzeugen – zwei Jahre später haben die Menschen in der DDR mit der friedlichen Revolution die Herrschaft der SED überwunden. Und Helmut Kohl war es, der unbeirrt und zielstrebig die historische Chance zur glücklichen Wiedervereinigung unseres Landes ergriff. Zu Recht ist er daher der „Kanzler der Einheit“. Helmut Kohl konnte die Einheit Deutschlands bei unseren Nachbarn und Partnern auch deswegen vermitteln, weil er von Beginn seiner Kanzlerschaft an deutsche Politik immer in die Zusammenhänge unserer europäischen Nachbarschaft eingebettet hat. Deutschland kann nur in und mit Europa gelingen, nie gegen Europa. Die Weiterentwicklung des von Konrad Adenauer angelegten europäischen Einigungswerks war ein unverzichtbarer Teil seiner Friedenspolitik. Nach der Aussöhnung mit Frankreich war für ihn die Aufnahme und Integration unserer mittel-, ost- und südosteuropäischen Nachbarn in die EU selbstverständlich. Er wusste: Die deutsche Einigung und die europäische Einigung sind zwei Seiten derselben Medaille. Eng mit Helmut Kohl, dem „Ehrenbürger Europas“, verknüpft sind die Schaffung des Binnenmarktes und der Wirtschafts- und Währungsunion bis hin zur Einführung des Euro.

Ein weiterer Vordenker der europäischen Integration wurde an diesem Mittwoch gewürdigt. Die CDU/CSU-Fraktion lud aus Anlass des 70. Geburtstages von Wolfgang Schäuble zum Empfang in das Deutsche Theater. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete Schäuble, der auch bereits 40 Jahre als Abgeordneter im Deutschen Bundestag sitzt, als Diener der deutschen Politik und des deutschen Volkes. „Ohne Sie sähe unser Land anders aus“, sagte Merkel. Die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, würdigte den Jubilar mit den Worten: "Europa hat eine Seele, aber Europa hat auch ein Herz – und das schlägt in Wolfgang Schäuble."

Der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder nannte Schäuble eine außergewöhnliche Persönlichkeit mit einem immensen Erfahrungsschatz. Gleichzeitig sei der Finanzminister ein ausgesprochener Liebhaber von Kunst, Theater und Musik. Damit begründete Kauder auch die Wahl des Ortes und das kunstvolle Rahmenprogramm der Matinee. Der Theaterschauspieler Ulrich Matthes las für Schäuble „Die Bürgschaft“ von Friedrich von Schiller und den Essay „Berlin! Berlin!“ von Kurt Tucholsky, der schon 1919 wusste, dass „der Berliner ein Sklave seines Apparats ist“, an dem das Leben vorbeigehe. Das Hornquartett der Berliner Philharmoniker brachte dem Finanzminister ein Geburtstagsständchen. Schäuble zeigte sich gerührt. Im politischen Leben helfe die Kunst, Maßstäbe zu gewinnen, sagte er. Zur Matinee kamen mit der Bundeskanzlerin fast alle Kabinettsmitglieder, Spitzenpolitiker von Koalition und Opposition sowie Altbundespräsident Richard von Weizsäcker. Seine Familie, politische Wegbegleiter und Freunde nahmen ebenfalls an der Festveranstaltung mit anschließendem Empfang teil.

Angela Merkel sagte, Schäuble habe deutsche und europäische Politik an maßgeblicher Stelle gestaltet. Er sei ein Mensch, der seine Überzeugung lebe, der sich Unabhängigkeit und innere Freiheit bewahrt habe. Da er schon seine elfte Legislaturperiode im Bundestag verbringe, verkörpere er inzwischen das „Langzeitgedächtnis der Republik“. Sie ließ Stationen seines Wirkens als Chef des Bundeskanzleramts, als Bundesinnenminister und schließlich als Bundesfinanzminister Revue passieren. Schäuble hatte im Laufe seiner politischen Karriere nicht nur Regierungsämter inne, sondern prägte auch Partei und Fraktion, zunächst als parlamentarischer Geschäftsführer, dann als Fraktionsvorsitzender und als Parteivorsitzender. Bis heute ist er Mitglied im Präsidium und Vorstand der CDU. 2013 will er erneut für den Bundestag kandidieren. Schon als Jugendlicher habe er sich für Politik interessiert und sich für die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens eingesetzt, sagte Schäuble in seiner Dankesrede. Auch mit 70 könne er noch sagen, dass ihm die Politik „Freude macht“. Dass er ein glücklicher Mensch geblieben sei, habe er aber vor allem seiner Frau und seinen Töchtern zu verdanken, fügte er hinzu.