Rede von Marcel Reich-Ranicki zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

 Marcel Reich-Ranicki, der 91-jährige Literaturkritiker und Überlebende des Warschauer Ghettos, schilderte zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nazionalsozialismus als Gastredner im Plenarsaal des Deutschen Bundestages, was sich damals im Hauptgebäude des „Judenrates“ des Ghettos zutrug. Der 27. Januar ist ein Tag des besonderen Gedenkens an die Millionen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Der Generalsekretär der CDU Deutschlands, Hermann Gröhe, hatte tags zuvor erklärt: "Wir trauern um die vielen Menschen, die unter der braunen Diktatur erst entrechtet, später brutal verfolgt und schließlich in Konzentrationslagern grausam ermordet worden sind. Der Holocaust-Gedenktag ist eine Mahnung an uns alle, die Erinnerung an diese düstere Zeit wach zu halten. Er lehrt uns, dass Freiheit, Demokratie und Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sind, sondern immer wieder aufs Neue verteidigt werden müssen.

Gerade die jüngst bekanntgewordene Mordserie einer rechtsterroristischen Gruppe macht auf bedrückende Weise deutlich, dass der Kampf gegen rechtsextremistisches Gedankengut, gegen Antisemitismus und Rassismus eine dauerhafte Aufgabe ist und bleibt. Hier ist nicht nur die Politik aufgerufen, sondern es ist ein Auftrag an alle gesellschaftlichen Gruppen. Rechtsextremisten müssen unmissverständlich spüren, dass ihre hasserfüllten Parolen von der gesamten Gesellschaft geächtet werden.

Das sind wir den vielen Millionen Menschen, die der Nazi-Diktatur zum Opfer fielen, schuldig. Die beste Prävention gegen rechtsextremistisches Gedankengut ist die Stärkung unserer Demokratie. Deshalb setzt sich die CDU Deutschlands für mehr politische Bildung ein. In den Lehrplänen der Schulen muss die Vermittlung demokratischer Werte noch mehr Raum erhalten. Die Gefah­ren, die von rechtsextremistischen Ideologien ausgehen, sollten für jeden Schüler veranschau­licht werden - beispielsweise durch Gespräche mit Zeitzeugen oder den Besuch eines Konzentrationslagers. Dadurch wird die Erinnerung an die schrecklichen Gräueltaten auch bei der jungen Generation wachgehalten - mit dem Ziel, sie zu einer aktiven Beteiligung an der Gestaltung unseres demokratischen Lebens zu ermutigen."

Quellen: © Deutscher Bundestag / CDU Deutschlands