Steuervereinfachungen und Steuergerechtigkeit

Foto: Bundestagsabgeordneter Olav Gutting (CDU/CSU) am 11. November 2011 im Deutschen Bundestag

Folgende Rede hielt der Bundestagsabgeordnete Olav Gutting (CDU/CSU) am 11. November 2011 im Deutschen Bundestag unter anderem zu dem Antrag "Auswege aus der Krise: Steuerpolitische Gerechtigkeit und Handlungsfähigkeit des Staates wiederherstellen" der Fraktion DIE LINKE: "Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche, es einmal ein bisschen zusammenzufassen: Während die christlich-liberale Regierungskoalition mit Steuervereinfachungen und klugen, moderaten Entlastungsschritten mehr Steuergerechtigkeit schafft, besteht das Konzept der Linken, soweit man überhaupt von einem „Konzept“ sprechen kann, vor allem aus einem beeindruckenden Sammelsurium von Steuererhöhungsvorschlägen.

Es sind Forderungen, die darauf abzielen, Leistungsanreize für die Menschen, die wir brauchen, zu beseitigen, mit all den negativen Folgen für Investitionen, den Konsum und die Arbeitsplätze. Wir haben in der christlich-liberalen Koalition in den letzten beiden Jahren vorgemacht, wie man dieses Land aus der Krise herausführt, wie man es stärkt und es letztendlich in einen Zustand versetzt, der besser ist als vor der Krise; wir sind gestärkt aus dieser Krise hervorgegangen.

Meine Damen und Herren, mit Ihren Forderungen stehen Sie von den Linken, Christian von Stetten hat es richtig gesagt, nicht nur mit einem, sondern mit beiden Beinen im Bereich der Enteignung. Ich will das Beispiel der Vermögensteuer von 5 Prozent aufgreifen. Man muss es etwas konkreter machen: Wenn man die Inflation berücksichtigt, bedeutet die Steuer für den Vermögensinhaber, den Hausbesitzer, dass er mindestens 7 bis 8 Prozent Rendite pro Jahr erzielen muss, damit er das Erarbeitete überhaupt bewahren kann. Sie drängen die Menschen damit entweder zu riskanten Finanzanlagen oder zwingen sie, Wuchermieten zu verlangen.

Ich glaube, beides kann nicht im Interesse der Menschen sein. Sie schlachten letztendlich die Kuh, die Sie melken wollen. Die Konsolidierung der Staatsfinanzen davon sind wir überzeugt gelingt nur mit einer gesunden, starken Wirtschaft und einer niedrigen Arbeitslosigkeit. Was Sie hier vorschlagen, fördert aber die Kapitalflucht. Steuereinnahmen, Christian von Stetten hat es gesagt, in Höhe von 80 Milliarden Euro bei der Vermögensteuer würden Sie vielleicht im ersten Jahr erzielen. Aber das war es dann. Danach ist das Vermögen weg.

Die Menschen werden es aus Deutschland wegschaffen. Ihre Anträge atmen in weiten Teilen Populismus. Sie atmen Neid. Sie wollen auch noch das Ehegattensplitting abschaffen und richten sich damit direkt gegen die Familien in unserem Land. Steuergerechtigkeit, meine Damen und Herren, bedeutet nicht, dass man die Menschen mit der Steuerlast erdrückt. Steuergerechtigkeit bedeutet für uns die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Das heißt auch, dass man den Bürgerinnen und Bürgern einen ausreichend großen Teil vom sauer Verdienten belässt.

Nun zu Ihrem Antrag zur Einschränkung der Verlustverrechnung: Darin wollen Sie zum wiederholten Mal den im Steuerrecht verankerten Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit aushebeln. In den Unternehmen werden Gewinne und Verluste erzielt. Diese richten sich nicht immer nach den Veranlagungszeiträumen. Die Erzielung von Gewinnen und Verlusten richtet sich schon gar nicht nach dem Kalenderjahr. Die bestehende Besteuerung in zeitlichen Abständen, jahresbezogen, ist im Ergebnis eine Willkür des Gesetzgebers, die wir brauchen, um eine dauerhafte Steuereinnahme zu haben. Aber deswegen ist es notwendig, dass diese Willkür bei der Festsetzung der Besteuerungszeiträume durchbrochen werden kann. Hierzu ist es richtig, dass es Verlustvor- und rückträge gibt. Eine zeitliche Beschneidung dieser Verluste, die Sie fordern, widerspricht dem Prinzip der Besteuerung nach dem Lebenseinkommen insgesamt, und sie widerspricht auch dem Prinzip der Leistungsfähigkeit.

Festzuhalten und klarzustellen bleibt: § 10 d Einkommensteuergesetz, den Sie hiermit verändern wollen, ist keine Steuervergünstigung. Wir haben das muss man auch sagen bereits heute ein Korrektiv hinsichtlich des Verlustvortrags. Das heißt, bereits nach geltender Rechtslage können die Verluste nicht sofort abgezogen werden, wenn eine bestimmte Grenze erreicht wird. Ich kann Ihnen nur raten: Lassen Sie die Finger von der Verlustverrechnung. Unser Weg sieht jedenfalls anders aus. Wir haben gleich zu Beginn der Wahlperiode die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen in diesem Land mit einem Betrag von über 20 Milliarden Euro entlastet. (Nicolette Kressl (SPD): Das waren Beschlüsse der Großen Koalition! Ulrich Kelber (SPD): Ein bisschen ungleich verteilt! Weitere Zurufe von der SPD) Ja, das war ungleich verteilt. Der größte Anteil ging an die Familien, meine Damen und Herren. Das waren 5 Milliarden Euro allein für die Familien. (Beifall bei der CDU/CSU)

Dieser Wachstumsimpuls hat dazu beigetragen, dass wir auf gutem Weg zu einem strukturell ausgeglichenen Bundeshaushalt sind. Diese Steuerpolitik werden wir jetzt konsequent fortsetzen, auch mit der Beseitigung beziehungsweise Abmilderung der kalten Progression. Der Erfolg, meine Damen und Herren, gibt unserer Politik recht. Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit 20 Jahren und die höchste Beschäftigungsquote, die dieses Land je gesehen hat.

Mit den Steuererhöhungen, wie sie in diesem Haus gefordert werden, ist jedenfalls unser Wohlstand und der soziale Standard in diesem Land nicht zu halten. Die Basis aller Staatsfinanzen, davon sind wir überzeugt, ist letztlich die Arbeit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Man kann es vereinfachen und auf folgende Grundregel bringen: Ohne mehr Netto vom Brutto gibt es keine Kaufkraftmehrung. Ohne Kaufkraftmehrung haben wir keine Nachfragebelebung. Und ohne Nachfragebelebung wird es keine Investitionen und keine neuen Arbeitsplätze geben. Letztlich wird damit eine Haushaltskonsolidierung nicht möglich sein. Deswegen ist es gut, dass Sie in diesem Haus keine Verantwortung tragen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Foto: Markus Hammes