Rückkehrappell in Karlsdorf-Neuthard - 60 Soldaten zurück aus dem Kosovo und aus Afghanistan

Heutige Ansprache von Olav Gutting MdB

Rückkehrappell in Karlsdorf-Neuthard - 60 Soldaten zurück aus dem Kosovo und aus Afghanistan

Folgende Ansprache hielt der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Bruchsal-Schwetzingen, Olav Gutting, heute im Rahmen des Rückkehrappells: "Liebe Soldatinnen und Soldaten, willkommen zurück auf heimischen Boden! Vor gut einem Jahr hatte ich zusammen mit dem damaligen Innenminister Heribert Rech die Ehre, Sie hier in Karlsdorf-Neuthard zu Ihren Auslandseinsätzen im Rahmen der KFOR wie auch der ISAF zu verabschieden. Wie wir alle wissen, handelt es sich dabei für unsere Soldatinnen und Soldaten um zum Teil heikle Missionen, die mit Gefahren für Leib und Leben verbunden sind. Wir alle haben in den zurückliegenden Jahren leidvoll erfahren müssen, dass zahlreiche Bundeswehrkameraden bei ihrem Auslandseinsatz schwere Verwundungen erlitten haben oder – noch weitaus schmerzlicher - nicht mehr lebend zurückgekehrt sind. Die in den letzten Tagen in Afghanistan getöteten Kameraden haben uns die Gefahr nochmals deutlich vor Augen geführt. Unsere Gedanken sind bei den Verletzten und den Angehörigen der Opfer.

Um so mehr freut es mich zusammen mit Ihren Familien, Ihren Angehörigen und Freunden, dass Sie wieder alle heil und unversehrt in die Heimat zurückgekehrt sind. Ich bin unendlich froh, Sie alle wohlbehalten hier bei diesem Appell wiederzusehen.

Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte sich keiner von uns vorstellen können, dass jemals wieder deutsche Soldatinnen und Soldaten auf fremdem Boden zum Einsatz kommen würden. Mit dem revolutionären Umbruch in Europa, dem Fall des Eisernen Vorhangs, wurden die Koordinaten der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik neu justiert. Das ideologische und militärische Feindbild, das für die Spaltung Europas und der gesamten Welt in zwei Lager „Ost und West“ über mehr als 40 Jahre hinweg verantwortlich war, hatte sich plötzlich aufgelöst. Wer allerdings geglaubt hatte, dass nach Beendigung des Kalten Krieges sozusagen eine Friedensdividende einzufahren wäre, hatte sich stark geirrt. Die Welt ist um keinen Deut sicherer geworden. Im Gegenteil! Viele Staaten, die über Jahrzehnte hinweg vom Totalitarismus beherrscht wurden, bahnten sich ihren Weg in die Freiheit. Nationalistische Tendenzen verstärkten sich und nationale Minderheiten führen in vielen Ländern in ihrem Streben nach Selbständigkeit und Autonomie zu bürgerkriegsähnlichen Folgen.

Nunmehr sind mit den Volksaufständen in zahlreichen arabischen Staaten weitere konfliktreiche Krisenherde entstanden. Wir müssen, nachdem wir über Jahrzehnte hinweg auf die Solidarität und den Beistand unserer Verbündeten zählen durften, auch unseren Teil der Verantwortung für den Schutz der Menschenrechte, für die Verteidigung von Freiheit und Demokratie übernehmen. Es mag nicht jedem gefallen, aber wir haben eine gewachsene globale Verantwortung. Nicht zuletzt aus diesem Grund kommen wir an einer grundlegenden Reform unserer Streitkräfte nicht herum. Es gibt unterschiedliche Argumente für die Reform. Ein wesentlicher Grund für die Neuausrichtung besteht in der Notwendigkeit, kleine, mobile und im Notfall auch schlagkräftige Einheiten zu bilden, die im Rahmen von Auslandsmissionen erfolgreich ihre militärischen Aufträge erfüllen können.

Der ehemalige Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg hatte die Reformnotwendigkeit mit folgenden Worten beschrieben: „Die Situation der Bundeswehr hat sich geändert. Sie ist eine andere als noch vor zwanzig Jahren. Ob internationaler Terrorismus, Cyber-Angriffe, Naturkatastrophen, Piratenangriffe auf Seewegen – sie stellen die Bundeswehr vor neue sicherheitspolitische Herausforderungen. Der Zahl der verfügbaren, qualitativ hochwertigen und einsatzfähigen Soldaten werde künftig eine größere Bedeutung zukommen.“

Rückkehrappell in Karlsdorf-Neuthard - 60 Soldaten zurück aus dem Kosovo und aus Afghanistan

Vor diesem Hintergrund sind wir es unseren Soldatinnen und Soldaten schuldig, ihre Ausbildung in jeder Hinsicht zu optimieren und ihnen zudem auch das militärische Rüstzeug an die Hand zu geben, mit dem sich erfolgreich operieren lässt. Da hat es leider in der Vergangenheit so manches Defizit gegeben, unser neuer Wehrbeauftragter Hellmut Königshaus, hat darauf aufmerksam gemacht und unmissverständlich Verbesserungen vor allem in der Ausrüstung eingefordert.

Wir stehen mit der Bundeswehr vor riesigen Herausforderungen. In weiten Teilen ist es schon fast die Quadratur des Kreises:

- die Effizienz steigern, modernisieren, um mindestens 50.000 Mann zu verkleinern
- die Strukturen verändern, die Wehrpflicht abschaffen, freiwillig Wehrdienstleistende verpflichten
- die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver machen
- und gleichzeitig noch Milliarden einsparen.

Ich habe Verständnis dafür, dass es in der Truppe eine Verunsicherung gibt. Die Soldatinnen und Soldaten und auch die vielen Zivilangestellten fragen sich natürlich, wie es jetzt für sie weitergeht, für die Laufbahnplanung, für ihr Familienleben. Bei den weiteren Schritten auf der Baustelle Bundeswehrstrukturreform ist es wichtig, dass die Politik die Truppe mitnimmt. Der Dienst bei der Truppe muss attraktiv sein. Dazu gehört meines Erachtens auch, dass die Bundeswehr im Land präsent bleibt. Und das gilt auch für den Standort Bruchsal.

Nochmals: Ich freue mich zusammen mit der hiesigen Bevölkerung, die seit Jahrzehnten hinter ihrer Bundeswehr steht, Sie alle wieder hier am heimischen Standort begrüßen zu dürfen.

Sie haben Ihren Auslandseinsatz mit Bravour hinter sich gebracht und sich damit nicht nur um den Aufbau und die Sicherheit im Kosovo bzw. in Afghanistan verdient gemacht, Sie haben damit auch die Interessen und das Ansehen Deutschlands in der Welt würdig vertreten.

Für diese Leistungen schuldet Ihnen das gesamte deutsche Volk Dank, Anerkennung und Respekt.

Sie dürfen stolz auf sich sein, wir sind stolz auf Sie. Seien Sie willkommen hier an Ihrem Heimatstandort. Ich wünsche Ihnen allen weiterhin eine gute Zeit.