Stellungnahme zum Jahressteuergesetz 2010

Folgende Rede gab der CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Bruchsal-Schwetzingen, Olav Gutting, bezüglich des Jahressteuergesetzes 2010 am 1. Juli 2010 zu Protokoll:

Portraitfoto Olav Gutting MdB"Es entspricht ja fast schon einer gewissen Tradition, dass wir einmal im Jahr unser jeweiliges Jahressteuergesetz beraten. Auch in diesem Jahr werden überwiegend steuertechnische Anpassungen vorgenommen, welche sich im Laufe eines Jahres aus Gerichtsurteilen, EU-rechtlichen Vorgaben oder aus Anregungen der Verwaltung ergaben. Die bloße Menge dieser notwendigen Anpassungen hat es allerdings in sich. Schließlich gab es letztes Jahr kein Jahressteuergesetz, sodass wir über einen Gesetzentwurf von einem Umfang von 175 Seiten mit rund 180 Maßnahmen zu beraten haben.

Die in Fachkreisen häufig verwandte Bezeichnung als Omnibusgesetz, manche bezeichnen es nachvollziehbar als klassisches Besenwagengesetz, ist deshalb dieses Jahr zutreffender denn je. Gleichwohl enthält auch der uns zur Lesung vorliegende Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2010 eine Reihe von bedeutsamen Maßnahmen, die eine besondere Erwähnung verdienen.

Mit dem Jahressteuergesetz werden - wir wie im Koalitionsvertrag vorgesehen - die gleichheitswidrigen Benachteiligungen von eingetragenen Lebenspartnern mit Ehegatten im Bereich der Erbschafts- und Schenkungsteuer und im Bereich der Grunderwerbsteuer abbauen. Zur Vermeidung einer Doppelförderung bei der steuerlichen Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen sind bereits mit öffentlichen Mitteln geförderte Maßnahmen vereinzelt nicht absetzbar. Dies weiten wir nun konsequent auf weitere Förderprogramme aus. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wird auch der Umsatzsteuerbetrug weiter eingedämmt werden. Mit der Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei der Umsatzsteuer - sog. Reverse-Charge-Verfahren - auf Lieferungen von Industrieschrott, Altmetallen und sonstigen Abfallstoffen sowie Leistungen von Gebäudereinigern kann der sogenannte Karussellbetrug in diesem Bereich wirksam verhindert oder erschwert werden. Bedauerlich ist die notwendige Verlängerung der Übergangsregelung bei den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen. Der aktuelle Entwicklungsstand des Verfahrens lässt die ursprünglich für 2011 geplante Einführung noch nicht zu.

Als Abgeordneter des Spargelwahlkreises Bruchsal -Schwetzingen will ich noch eine, wie ich finde, sehr positive Maßnahme besonders hervorheben. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 werden wir die zu Recht vielfach kritisierte Steuererklärungspflicht für viele Saisonarbeitskräfte abgeschaffen. Bislang zwang diese Regelung 300.000 Saisonarbeitskräfte – davon alleine 200.000 in der Landwirtschaft – eine Steuererklärung abzugeben, obwohl absehbar war, dass keine Steuerlast entsteht. Seit 2009 mussten landwirtschaftliche Arbeitgeber – meist Spargelanbauer - ihre Saisonarbeitskräften zunehmend bei Erstellung der Steuererklärung unterstützen. Es ist nicht verwunderlich, dass ausländische Saisonarbeitskräfte – meist aus Polen, Kroatien, Rumänien oder Bulgarien - nicht in der Lage waren, die amtlichen Vordrucke ohne Hilfestellung auszufüllen. Da tut man sich schon als Muttersprachler schwer – mit rudimentären deutschen Sprachkenntnissen geht aber rein gar nichts. Also musste der Bauer oder gleich der Steuerberater helfend einspringen. Die damit einhergehenden beträchtlichen Bürokratiekosten blieben bei dem jeweiligen Arbeitgeber hängen, obwohl die Steuerbescheide regelmäßig nur eine Steuerlast von 0 EUR auswiesen. Wir wollen mit dieser Entlastung nicht nur etwas für die saisonalen Beschäftigten tun, sondern auch für deren Arbeitgeber und für die Finanzverwaltung gleichermaßen.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf einen Punkt hinweisen, der mir besonders am Herzen liegt: Noch sind Ergänzungen möglich und aus meiner Sicht auch notwendig. So brauchen wir eine sinnvolle Gesamtlösung für die Pauschalbesteuerung bei § 37 b EStG. Konkret geht es um die Pauschalierung der Sozialversicherungsbeiträge bei pauschal besteuerter Entgeltbestandteilen. Es ist wenig verständlich, dass beispielsweise bei einer Einladung von eigenen Mitarbeitern zu kulturellen Veranstaltungen zwar die darauf zu entrichtende Steuer vom Arbeitgeber pauschaliert abgeführt werden kann, dieser aber dann wieder die Sozialversicherungsbeiträge auf dieses Geschenk individuell berechnen muss. Ziel einer Pauschalierung ist es nicht, keine oder nur geringe Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, sondern Vereinfachungen bei der Berechnung herbeizuführen. Hier sollten wir nochmals nachbessern. Vereinfachung benötigt auch unser gesamtes Einkommensteuerrecht. Ungeachtet des Jahressteuergesetzes 2010 wird sich die Union in dieser Legislaturperiode für durchgreifende Steuervereinfachungen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes einsetzen. Ich freue mich auf gute Beratungen."